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Archiv-Artikel

„Das Gold des 21. Jahrhunderts“

Geschäftsideen unserer Zonis. Heute: Sabotagerüstzeug für Eheprobleme aus Schleiz. Ein Wahrheit-Interview mit dem Thüringer Grobstaubfänger Andy „Keule“ Borowka

taz: Herr Borowka, zu Ihrer Produktpalette gehört eine abschüssige Badezimmerwaschbeckenkonsole …

Andy Borowka: Man sieht ihr die Abschüssigkeit nicht gleich an, aber der Neigungswinkel ist stark genug, um längliche Objekte wie Lippenstifte und Rasierpinsel oder auch lotrecht auf dem Deckel abgestellte Cremetuben und so weiter bei der flüchtigsten Berührung zu Fall zu bringen. Eine spezielle Beschichtung macht die Konsolen zudem noch etwas glitschig, so dass eigentlich nur Zen-Meister und professionelle Mikadospieler diese Konsole bei der Morgentoilette als Abstellfläche nutzen können, ohne dauernd alles umzuschmeißen und wieder aufheben zu müssen. Da spielt auch der Dominoeffekt eine Rolle.

Und wie groß ist die Nachfrage nach diesen Mistdingern?

Die Konsole ist ein Renner.

Obwohl sie nichts taugt?

Die Käufer bezwecken damit etwas ganz anderes als Ordnung im Badezimmer. Sie kennen doch die aktuelle Diskussion über die Frage, ob die Frauen besser im Haushalt oder im Beruf aufgehoben sind. Um nicht als vorgestrig zu gelten, nimmt die schweigende Mehrheit der Männer es widerspruchslos hin, wenn die Frau eines Tages sagt: So, Alter, hör mal zu, ich hab hier dreißig Jahre lang den Haushalt geschmissen und will noch mal was anderes vom Leben sehen, also werde ich jetzt, weiß ich nicht, halbtags Pudelfriseuse oder Anchorwoman bei Antenne 7, und das bisschen Haushaltsarbeit, das mir nach dem Auszug der Kinder noch geblieben ist, das erledige ich mit links, am Feierabend, bla bla bla, für dich wird sich nichts ändern, der Unterschied zu früher wird dir gar nicht auffallen! In dieser kritischen Phase einer Partnerschaft greifen viele Männer heute lieber zu unserer Konsole als zu Argumenten, die ja doch nicht verfangen.

Das heißt, Ihre Kunden bringen diese abschüssigen, glitschigen Konsolen an, damit die Frauen morgens, mittags und abends länger mit dem Aufräumen des Badezimmers zu tun haben und dabei so viel Zeit verlieren, dass ihnen keine Minute mehr für eine berufliche Karriere bleibt?

Um dieses Ziel zu erreichen, sind natürlich noch andere Maßnahmen erforderlich. Wir entwickeln gerade ein aggressives Spülmaschinensalz, das jeden Geschirrspüler binnen zweier Wochen von innen heraus zerfrisst und ruiniert, so dass die Hausfrau dann wieder alles mit der Hand spülen muss. Gut bewährt hat sich auch unser Fensterreiniger, dem Stoffe beigemischt sind, die sich auf den Fenstern einige Tage nach dem Putzen zu riesigen, schmierigen Fettflecken auswachsen. Aber unser derzeitiger Kassenschlager ist Staub.

Staub?

Wir kaufen preiswerten Staub von tschechischen und polnischen Reinigungsfirmen an, die ihn in Altersheimen, Krankenhäusern, Bordellen, Kernkraftwerken und Kasernen gesammelt haben, füllen ihn in luftige Viertelpfundballons um und verkaufen diese Behältnisse mit 12.000 Prozent Aufschlag an Männer, die nachts nur einmal heimlich auf so einen Ballon draufzuspringen brauchen, im Wohnzimmer oder sonst wo in der Bude, am besten direkt nach dem Frühjahrsputz. Es gibt viele Frauen, die sich nach einer solchen Erfahrung jeden Gedanken an eine berufliche Laufbahn außerhalb ihrer vier Wände ein für allemal aus dem Kopf geschlagen haben. Zurzeit laufen Verhandlungen mit einer Firma, die eine Seuchenstation in Wameru reinigt und glücklich wäre, ihren mit Zebrahustenauswurfpartikeln und Löwenkotbakterien durchsetzten Staub nach Europa exportieren zu können. Dann könnten wir den Staub noch billiger bekommen. Wenn Sie mich fragen: Staub ist das Gold des 21. Jahrhunderts. In wenigen Jahren wird der Wert der Feinunze Staub an den internationalen Börsen explodieren. Dann werde ich aber längst schon auf Rügen abhängen und meine Millionen beim Falschparken verzocken.

Darf man denn auf Rügen Auto fahren?

Ich bestimmt. Mit Fuchswimpel, du Katzenficker! Im BMW! Lang leben die Eighties! Ihr Versager aus dem Westen scheint einfach nicht mehr zu wissen, was gut ist.

Herr Borowka, wir danken Ihnen für diese Belehrung.

INTERVIEW: GERHARD HENSCHEL