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Archiv-Artikel

Alle gegen „Mehr Demokratie“

ZERSCHLAGUNG Parteien in der Bürgerschaft lehnen die Pläne der Volksinitiative zur Aufteilung des Stadtstaates Hamburg in 23 selbstständige Kommunen ab

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand in meiner Partei das unterstützt“

DORA HEYENN, DIE LINKE

Geschlossen ist die Phalanx der Ablehnung. Bei Hamburgs Parteien stößt der Plan der Initiative „Mehr Demokratie“, Hamburg in 23 eigenständige Kommunen aufzuspalten, auf einhellige Kritik. Die breite Volksfront reicht von CDU bis zur Linkspartei – die alle gegen sich aufzubringen, gelingt nur wenigen. Die regierenden Sozialdemokraten halten von dem Vorstoß „gar nichts“, sagt Fraktionschef Andreas Dressel: „Wir wollen die Bezirke stärken und die Mitwirkungsrechte der HamburgerInnen mit Referenden auszuweiten. Aber die Zerschlagung Hamburgs machen wir nicht mit.“

„Mehr Demokratie“ schlägt vor, die sieben Bezirke aufzulösen und stattdessen 23 eigenständige Kommunen mit Parlamenten, Behörden, Bürgermeistern und eigenen Haushalten zu schaffen. Senat und Bürgerschaft würden wie in Flächenländern auf die übergeordneten staatlichen Aufgaben beschränkt werden (taz berichtete). „Eine effiziente, bürgernahe und transparente Verwaltung bedingt kleine und überschaubare Einheiten“, begründet Manfred Brandt vom Vorstand von „Mehr Demokratie“ dieses Hamburg-Puzzle.

Das schaffe nur „mehr Bürokratie statt mehr Demokratie“, glaubt hingegen CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich. Er lehnt „Kleinstaaterei“ rundweg ab. „Den Stadtstaat in viele kleinteilige Mini-Hamburgs zu zerschlagen, wäre ein Fehler“, sagt die FDP-Fraktionsvorsitzende Katja Suding. Zwar sei es richtig, die Bezirke zu stärken und sie mit eigener Finanzhoheit und mehr Entscheidungsbefugnissen auszustatten, „die repräsentative Demokratie aber derart zu schwächen, ist eine schlechte Idee.“

Ähnlich sehen das auch Linke und Grüne, die bislang viele Übereinstimmungen mit „Mehr Demokratie“ aufwiesen. „Ein Stück aus dem Tollhaus“, nennt die linke Fraktionschefin Dora Heyenn den Vorstoß: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand in meiner Partei das unterstützt.“ Auch der grüne Ex-Justizsenator Till Steffen hält „23 Zwergkommunen“ für keinen Fortschritt: „Was wir brauchen, sind sinnvolle Vorschläge, wie die sieben Hamburger Bezirke an Einfluss gewinnen können.“

„Mehr Demokratie“ will während des Bürgerschaftswahlkampfes im Januar und Februar 2015 in einer Volksinitiative mehr als 10.000 Unterschriften gesammelt werden. Ein Volksbegehren ist für den Herbst nächsten Jahres angedacht. Ein Volksentscheid über die notwendige Änderung der Landesverfassung sowie die Zahl und den Zuschnitt der neuen Kommunen könnte parallel zur Bundestagswahl voraussichtlich im September 2017 stattfinden.  SVEN-MICHAEL VEIT