Hasssänger wird doch kein Richter in Bayern

RECHTE Nach der Entlassung des Neonazis Maik B. aus dem bayrischen Justizdienst lässt Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) die Wiedereinführung der Regelanfrage beim Verfassungsschutz prüfen

MÜNCHEN dpa/taz | Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hat die Entlassung eines Proberichters aus Brandenburg mit Neonazi-Vergangenheit „vernünftig“ genannt. „Das ist sehr schnell nach Bekanntwerden aufgearbeitet und entschieden worden“, lobte Seehofer am Mittwoch im Landtag in München. Er könne „jetzt nicht erkennen, dass hier auf Ministeriumsebene irgendwas falsch gelaufen ist“, sagte Seehofer. Es gebe „null Toleranz gegenüber Extremisten im öffentlichen Dienst“.

Der Richter war am Dienstagabend auf eigenen Antrag hin aus dem Justizdienst entlassen worden. Erst in der vergangenen Woche war bekanntgeworden, dass der aus Brandenburg stammende Mann 2013 zum Richter am Amtsgericht Lichtenfels ernannt worden war. Maik B. war in der ostdeutschen Neonazi-Szene als Kopf von „Hassgesang“ bekannt, eines rechtsradikalen Musikprojekts. Nach Recherchen der Antifa Berlin veröffentlichte er seine erste CD im Jahr 2001. „Adolf Hitler, Sieg Heil tönt zu Dir empor“, soll Maik B. vor Jahren gedichtet und gesungen haben. Der brandenburgische Verfassungsschutz beobachtete „Hassgesang“ von 2003 bis 2013. Das Amt informierte die bayerischen Kollegen über den Umzug des Mannes nach Bayern – folgenlos. Der Grünen-Abgeordnete Sepp Dürr sieht bereits ähnliches Versagen wie im NSU-Skandal: „Derselbe Pfusch“.

Seehofer warnte davor, die gesamte Verwaltung unter Generalverdacht zu stellen. „Das haben unsere Leute nicht verdient.“ Es handle sich aktuell um einen Einzelfall.

Als Konsequenz sollen nun Justizminister Winfried Bausback und Innenminister Joachim Herrmann (beide CSU) prüfen, ob es künftig vor Einstellungen in besonders sicherheitsrelevanten oder hoheitlichen Bereichen eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz geben kann, um die Verfassungstreue der Bewerber zu klären. „Es wird keinen allgemeinen Radikalenerlass geben“, versicherte Seehofer jedoch. „Das will niemand bei uns im Kabinett, und ich auch nicht.“

Als letztes Bundesland hatte Bayern 1991 den sogenannten Radikalenerlass abgeschafft. Bis dahin waren knapp zwei Jahrzehnte lang alle Bewerber für den öffentlichen Dienst routinemäßig vom Verfassungsschutz überprüft worden, ob Lehrer, Postbote oder Eisenbahner. Die Praxis der Berufsverbote traf vor allem Kommunisten.