: U-Boote sind unproblematisch
RÜSTUNG Die Rüstungsindustrie darf nicht mehr so viele Kleinwaffen exportieren. Andere Geschäfte genehmigt die Bundesregierung
VON TOBIAS SCHULZE
BERLIN taz | Die Große Koalition prüft Exportanträge der Rüstungsindustrie strenger als die schwarze-gelbe Vorgängerregierung – aber nur ein klein wenig. Dies geht aus einer Zwischenbilanz hervor, die Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) am Mittwoch vorgestellt hat. Demzufolge genehmigte die Regierung im ersten Halbjahr 2014 nur noch Rüstungsgeschäfte im Wert von rund 2,2 Milliarden Euro, im Vorjahreszeitraum waren es noch 2,9 Milliarden Euro. Ursache für den Rückgang ist aber offenbar vor allem, dass EU- und Nato-Staaten weniger Rüstungsgüter bestellt haben als zuvor.
Das Volumen genehmigter Exporte in Drittstaaten sank dagegen nur leicht auf rund 1,4 Milliarden Euro. Waffengeschäfte mit solchen Ländern sind besonders umstritten und sollten laut Koalitionsvertrag eigentlich nur noch in Ausnahmefällen gestattet werden.
„Das ist noch kein ganz dramatischer Rückgang“, gestand Gabriel nun mit Blick auf die Bilanz. Die Zahlen allein seien aber nicht aussagekräftig: Ganze 600 Millionen entfielen etwa auf den Verkauf eines U-Boots an Israel und dieses Geschäft sei unproblematisch: „Schiffe können weder zur Unterdrückung der Opposition im eigenen Land noch zum Führen von Bürgerkriegen eingesetzt werden.“
Für diese Zwecke eigneten sich Maschinengewehre und andere Kleinwaffen viel besser. Genehmigungen für deren Export verteilte die Regierung tatsächlich restriktiver als zuvor: Im ersten Halbjahr 2013 durften deutsche Unternehmen noch Kleinwaffen im Wert von 18 Millionen Euro an Drittstaaten verkaufen, zwischen Januar und Juni 2014 sank der Umsatz auf 1,5 Millionen Euro.
Dagegen darf sich Singapur über deutsche Kampfpanzer des Typs Leopard 2 freuen, die Vereinigten Arabischen Emirate über ein Gefechtsübungszentrum und Algerien über eine ganze Rüstungsfabrik: Die Bundesregierung genehmigte den Export entsprechender Bauteile in den autoritär regierten Staat. Dort werden künftig Transportpanzer vom Typ Fuchs produziert. Diese sind auch geeignet, Aufstände zu bekämpfen.
Die Opposition kritisierte am Mittwoch die Genehmigungspraxis der Regierung. „Seit Wochen kündigt Sigmar Gabriel mit markigen Worten einen Kurswechsel bei den Waffenexporten an. Er hat jedoch offensichtlich nur heiße Luft produziert, seinen Ankündigungen folgen keine Taten“, sagte die grüne Rüstungspolitikerin Agnieszka Brugger der taz. Linken-Chefin Katja Kipping nannte es absurd, auch Lieferungen an Katar und Saudi-Arabien weiterhin zu genehmigen. Gegen beide gebe es schließlich Vorwürfe, radikale Islamisten zu unterstützen.
Die Rüstungsindustrie reagierte zurückhaltend. Nachdem die Bundesregierung eine deutlich restriktivere Genehmigungspolitik angekündigt hatte, sorgte sich die Branche um Umsätze und Arbeitsplätze. Nach der Veröffentlichung der neuen Zahlen wollte der Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie diese jedoch nicht kommentieren.
Dass die Bundesregierung eine Zwischenbilanz für das erste Halbjahr vorstellt, ist ein Novum. Bislang veröffentlichte sie nur einmal im Jahr Rüstungsexportberichte. Die neue Praxis bezeichnete Gabriel nun als „transparenten Schritt“. Einige wichtige Details fehlen in der Bilanz jedoch. So enthält sie keine Angaben über Voranfragen für geplante Geschäfte, die Rüstungskonzerne stellen, bevor sie sich ernsthaft um einen Auftrag bemühen. Normalerweise gilt: Gibt die Regierung dabei grünes Licht, steht der Genehmigung später nichts mehr im Weg.
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