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Archiv-Artikel

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Der Einzelkämpfer – Richter Heinz Düx Deutschland 2011, R: Wilhelm Rösing Der in Bremen lebende Dokumentarfilmer Wilhelm Rösing hat u.a. mit „Überleben im Terror“ über den KZ-Häftling Ernst Federn und „Bis zur Umkehrbank“ über den jüdischen Psychoanalytiker Hans Keilson eine Reihe von Filmportraits von Männern gemacht, deren Schicksale die Brüche in der deutschen Geschichte des letzten Jahrhunderts spiegeln. Mit dem Juristen Heinz Düx hat er wieder einen Protagonisten gefunden, der aktiv und hellsichtig deutsche Geschichte durchlebt und mitgestaltet hat. Düx war in den frühen 60er Jahren Untersuchungsrichter beim Auschwitzprozess. Danach arbeitete er in der gleichen Funktion bei den Euthanasie-Prozessen und machte sich beim Frankfurter Oberlandesgericht dafür stark, dass den überlebenden Opfern des dritten Reiches Wiedergutmachung- und Entschädigungsansprüche gewährt wurden.

Da an den deutschen Gerichten der 50er und 60er Jahre noch viele Juristen in Amt und Würden waren, die schon im Dritten Reich als Richter und Staatsanwälte arbeiteten, war Düx als Antifaschist ein oft angefeindeter Außenseiter. Im Film erzählt er selbst seine Lebensgeschichte, flankiert von Zeitzeugen, von denen die meisten mindestens einen Doktortitel tragen. Der akademische Überhang des Films darf nicht verwundern, wurde er doch vom Historischen Museum Frankfurt in Auftrag gegeben und u.a. vom hessischen Ministerium der Justiz und einer Hochschulstiftung gefördert.

Im nüchternen und präzisen Stil eines guten Juristen erzählt Düx von seiner gut bürgerlichen Erziehung als Sohn eines Autohändlers und von seiner steilen Karriere im frühen Nachkriegsdeutschland. Als Linker hatte er zwar einen schweren Stand, dies wurde aber durch sein Talent und seinen Fleiß mehr als ausgeglichen. Da er detailliert und ohne dabei pedantisch zu werden, von seiner Arbeit berichtet, bekommt man en passant einen guten Eindruck davon, woraus die Arbeit eines Untersuchungsrichters besteht.

Rösing heroisiert diesen Einzelkämpfer nicht, doch in einer außergewöhnlichen Sequenz, die genau in der Mitte des Films montiert ist und nicht nur deshalb sein Zentrum bildet, erzählt der alte Man im Halbdunkel davon, wie seine Arbeit am Auschwitzprozess ihn selber verändert hat. Seitdem habe er „eine Abneigung gegen alles Deutsche“. Dies sei „ein Volk, das grausam ist und unangenehm“. Das sagt ein Jurist, der weiß, wie genau seine Worte gewogen werden. Ein schrecklicher, aber auch wichtiger Moment, der zumindest ahnen lässt, welchen Preis Düx für seinen kompromisslose Kampf gezahlt hat.

■ Der Film läuft im Kino 46 am Fr. 17. 6. und Sa. 18. 6. | 20.30 mit Gästen, Mo. 20. 6. | 18.00, zu Gast: Heinz Düx