LESERINNENBRIEFE
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Abi nach neun Jahren ist möglich

■ betr.: LeserInnenbriefe zu „Hamburg bleibt beim Turbo-Abi“, taz.nord vom 10. 10. 14

Liebe Madeleine Müller, liebes Himbeerbrot, zum Ich-weiß-nicht-wievielten-Mal: Das Abitur nach neun Jahren weiterführender Schule ist nach wie vor möglich – auf den vielen Hamburger Stadtteilschulen. Seltsam, dass dies den G9-VerfechterInnen – also auch euch – nicht erwähnenswert scheint. Wer seine Kinder aus politischen oder Prestige-Gründen aufs Gymnasium schickt, sollte sich dann nicht beklagen – und schon gar nicht nach dem gescheiterten Volksbegehren von einer „überwältigenden Mehrheit“ für G9 fantasieren. Und wer im Alter von 16 oder 17 Jahren wie Madeleine, den Stress auf dem Gymnasium beklagt, aber die Stadtteilschule als Möglichkeit vollkommen ignoriert, wirkt nicht gerade überzeugend. Es soll übrigens durchaus SchülerInnen geben, die mit dem G8 gut klarkommen.  VOLKER SCHEUNERT, Hamburg

Arbeitspapier, keine Entscheidung

■ betr.: „Hamburg sagt dann tschüs“, taz.nord 13. 10. 14

Hamburg ist gemäß geltender Verfassung ein Bundesland und gleichzeitig eine einzige Großgemeinde. Da wirkt ein Dezentralisierungsvorschlag mit 23 Gemeinden zunächst einmal provozierend und fast schon absurd. Zentralisten und DurchregiererInnen haben einen Anknüpfungspunkt, der zum Draufhauen einlädt. Dies lenkt aber vom Thema ab, denn die Zahl der künftig gewollten Bezirke ist von eher nachrangiger Bedeutung: Es geht vielmehr um ihre Stellung im Verhältnis zur Landesregierung (Senat). Nein, „Mehr Demokratie“ (MD) will keinen „Stadtstaat in 23 Teilen … durchsetzen“, sondern die Bezirke dahingehend stärken, „alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung ... regeln“ zu können. Die sieben Bezirke haben keinerlei Gemeinderechte. Der Senat kann jede Entscheidung eines Bezirksamts, einer Bezirksversammlung und jeden Bürgerentscheid ignorieren sowie Gegenteiliges anweisen – und hat dies zum Verdruss mancher BezirkspolitikerInnen und vieler engagierter BürgerInnen zu oft auch getan. Wer diese Allmacht des Senats verbindlich einschränken will, kommt um Verfassungsänderungen nicht herum. Welche das im Detail sein sollen, hat MD genauso wenig inhaltlich entschieden wie die Frage, aus wie vielen Einheiten die kommunale Ebene bestehen soll. Der in Rede stehende Vorschlag ist nämlich nicht die Vorlage für eine Volksinitiative, sondern nur ein Arbeitspapier. Die Mitgliederversammlung von MD hat es nicht inhaltlich beraten, sondern den Landesvorstand beauftragt, einen Trägerkreis zu bilden, dort den vorliegenden Gesetzentwurf als Diskussionsvorlage einzubringen und eine Volksinitiative vorzubereiten. Er ist ein Angebot an alle, die die Bezirke wirklich stärken wollen, sich zusammen zu setzen und den Entwurf so zu überarbeiten, dass er alles enthält, was notwendig ist, um dem Subsidiaritätsprinzip zur Geltung zu verhelfen, ohne die gesamtstädtischen Interessen zu beeinträchtigen. Alles kann und soll diskutiert werden. HOLGER GUNDLACH, Hamburg

Große Aufregung

■ betr.: südwester, „Plüschiger Protest“, taz.nord vom 17. 10. 14

Was soll dieser Gewaltfetischismus? Mein Bedarf an Leuten, die ihre Auffassung von Richtig und Falsch mit Gewalt mitteilen, ist jedenfalls gedeckt. Ich kenne die Hintergründe in Hannover nicht und bei „Teddies Herz schmerzt“ gehen mir auch die Nackenhaare hoch. Aber gewaltfreien Protest als solchen der Gewalt gegenüber als lächerlich darzustellen, das kotzt mich an. Genau der Mechanismus der schon immer von Steinewerfern für sich beansprucht wurde: Wir tun wenigstens was, ihr latscht nur rum und quasselt. Vor uns hat der Staat wenigstens Angst. Jetzt darf ich mal lachen. Wahrscheinlich auch eine der Motivationsquellen für die armen Irren, die jetzt für irgendeine Sache freiwillig in den Krieg ziehen. Mal zuschlagen. Mal so richtig Angst verbreiten. Mal was tun und nicht nur immer reden. Unglaublich, wie mich dieser kleine Artikel aufregt. Wenn Euch meine Meinung nicht passt, liebe anonyme Verfasser: Meinen Namen und die Adresse habt Ihr. Einfach vorbeikommen und die Scheiben einwerfen. MATTHIAS HUFNAGEL, Hamburg