: Laues Lüftchen im Museum
In Dinslaken mahlen Mühlen auch ohne Wind: Das Mühlenmuseum in der Hiesfelder Wassermühle zeigt über 60 Modelle: Von der klassischen Turmwind- bis zur tibetischen Weihrauchmühle
VON Alexandra Balzer, DPA
Leise rinnt der Rotbach vor sich hin. Die Nebenwirkungen des Steinkohleabbaus in der Region haben ihn über die Jahre stark gebeutelt. Bergsenkungen haben das Erdreich so verändert, dass der Bach einen Teil seiner natürlichen Kraft verlor. Zu schwach, um das schwere Eichenrad der Hiesfelder Wassermühle in Dinslaken so richtig in Schwung zu bringen, kommt er daher. „Der Wasserstand ist hier einfach zu niedrig“, erklärt Clemens Glunz. Im Inneren des Mühlenhauses, in dem ein Museum rund 60 Modellmühlen zeigt, senkt er einen schwarzen Metallhebel. Mühsam setzt das draußen angestaute Wasser das Holzrad der Mühle in Bewegung. Dann zieht Glunz den Hebel an und befreit das tonnenschwere Rad von seiner Last.
Modelle von Mühlen aus Deutschland und aller Herren Länder zeigt das Mühlenmuseum in seiner Ausstellung. Sie wurden in Handarbeit mit viel Liebe zum Detail ihren großen Vorlagen nachempfunden. „Wir haben zwei älteren Herren in Holland, die für uns die Modelle anfertigen“, erzählt der 70-Jährige. „7.000 Arbeitsstunden stecken beispielsweise in dieser Wind- und Wassermühle“, sagt das Vorstandsmitglied des Mühlenvereins. Die etwa zwei Meter hohe Nachbildung der „Hüven“-Mühle im Emsland steht regungslos in der Ecke des Ausstellungsraums. Erst als Glunz ein paar Wandschalter drückt, geht Licht an in dem Modell. Und die Flügel der Mini-Windmühlen setzen sich in Bewegung – von Elektromotoren angetrieben sorgen sie selbst nun für ein laues Lüftchen im Ausstellungsraum.
Neben den bekannten Mühlenarten, von der Turmwind- bis zur Bockwindmühle, zeigt das Museum auch ein paar außergewöhnliche Exemplare. „Das hier sind keine Fantasieprodukte“, sagt der 70- Jährige. „Alle Modelle sind nach Plänen und Bildern existierender Mühlen nachgebaut.“ So auch die Flusswassermühle, die auf dem Rhein beispielsweise von Stadt zu Stadt schiffte und mit Wasserkraft das Getreide der Bauern zu Mehl verarbeitete. Damit bei Trockenheit auch die Landwirte in Portugal zu ihrer Ernte kamen, bedienten sie sich einer Bewässerungsmühle. Nach realem Vorbild entstand auch die tibetische Weihrauchmühle, die das Kraut mit Naturkraft fein zerrieb.
Beinahe 15 Jahre lang steckten die Mitglieder des Mühlenvereins und viele Helfer ihre ganze Kraft in den Wiederaufbau des technischen Baudenkmals und der angrenzenden Gebäude. Im Jahr 1991 öffnete das Mühlenmuseum erstmals seine Pforten. Dennoch steht Mühlen-Kenner Glunz auch heute noch vor einem Rätsel: „Ich habe keine Erklärung dafür, warum alle Mühlen rechts herum laufen“, gibt der pensionierte Maschinenbauer zu. Und auch von den inzwischen 150 Mitgliedern des Vereins konnte diese Frage noch niemand beantworten. Jetzt hofft der 70-Jährige auf das Wissen der Besucher, die vielleicht zum Mühlentag am Pfingstmontag zum Museum kommen. Der Eintritt zur Ausstellung ist frei.