: Was Europäer wissen wollen
Der a„Europa-Punkt“ im Selbstversuch: RentnerInnen können ihren Lebensabend in Spanien planen und MigrantInnen Fragen zum deutschen Arbeitsmarkt loswerden. Auch immer interessant: Wie komme ich an Fördergelder?
Der Seiteneingang der Bremischen Bürgerschaft wirkt, trotz offener Tür, nicht gerade einladend. Kein Willkommensschild weist den Weg zu dem neuen Informationszentrum „Europa-Punkt Bremen“, in dem ich Antworten auf alle Fragen zu Europa erhalten soll. Das Servicecenter selbst ist eingerichtet wie ein Großraumbüro.
Ein graues Wandregal mit zahlreichen Broschüren prägt das Bild. Fahnen der EU-Staaten stehen in einem Ständer daneben. Links eine Sitzecke mit einem großen Flachbildschirm. Hier soll es über das europäische Sonderprogramm „Europe by Satellite“ Live-Übertragungen aus Brüssel geben. Zurzeit passiert in Europa offensichtlich nichts Wichtiges, jedenfalls läuft kein Programm. Nichts los ist auch im Europa-Punkt selbst. Ich bin der einzige Gast.
Nachdem ich eine Weile rumgestanden bin, fragt mich ein junger Mann, ob er helfen könne. Ja, sage ich, ich wolle mal wissen, wie die EU Entscheidungen treffe und wer da aktuell überhaupt dazugehört. „Die EU hat zurzeit 27 Mitgliedstaaten“, beginnt Roman Fleissner, einer von sieben studentischen PraktikantInnen, die zusammen mit einer hauptamtlichen Beschäftigten und einer Honorarkraft den Laden am Laufen halten. Während er redet, zieht er die passenden Broschüren aus dem Regal. Das vorhandene Informationsmaterial beschränkt sich allerdings auf Selbstdarstellungen der EU oder Publikationen der Bundeszentrale für politische Bildung. Eine Präsenzbibliothek mit Literatur über Europa gibt es nicht.
Fleissner erklärt derweil geduldig die Entscheidungsgremien der EU: den Europäischen Rat (nicht Europarat, wie ich lerne, der hat nichts mit der EU zu tun), den so genannten Ministerrat, die Europäische Kommission, das EU-Parlament. Ich frage alles, was mir einfällt. Schließlich sucht er Hilfe im Internet: www.europarl.de. Als Fleissner zur Uni muss, übernimmt seine Kollegin Hinrike Müller.
Das Thema war gerade der Europäische Gerichtshof (nicht der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, der hat nichts mit der EU zu tun). Müller knüpft nahtlos an. „Die Kommission kann dort Mitgliedsstaaten verklagen, wenn diese europäische Richtlinien nicht umsetzen“, erklärt sie eine Funktion des Gerichtshofes. Ich wechsele nochmal das Thema und möchte wissen, wie ich an europäische Fördergelder komme. „Als Privatperson gar nicht“, sagt Müller und erklärt dann dennoch ohne Zögern die übliche Vorgehensweise. Zum Schluss bietet sie sogar an, den Antrag gegenzulesen. Müller selbst hat schon mehrfach Anträge durchgebracht, nichtsdestotrotz warnt sie vor der Bürokratie: „Da sitzen sicher Deutsche in Brüssel und denken sich diese Formulare aus.“
Insgesamt überzeugt mich die Beratung. Wer etwas wissen will, bekommt hier auch eine Antwort. Der von der EU zunächst bis Ende 2008 finanzierte Servicepoint ist ein kleiner Luxus für Bremen. Bleibt die Frage: Wer braucht das?
„Es kommen etwa 30 Personen am Tag, dazu Schulklassen“, antwortet Müller. Typische Besucher seien Studierende oder SchülerInnen, die ein Referat vorbereiten. Es kämen aber auch viele Erwerbslose, die wissen wollen, wie sie im Ausland arbeiten können, sowie europäische MigrantInnen mit Fragen zum deutschen Arbeitsmarkt. Auch RentnerInnen, die ihren Lebensabend in Spanien planen. „Wir sind für den Anfang sehr zufrieden mit der Resonanz. Jetzt kommt es noch darauf an, diesen Ort durch Vorträge, Ausstellungen und Diskussionsrunden lebendiger und einladender zu machen“, sagt Müller. Recht hat er. patt