Alle Wasser fließen in die Grube

Gestern begann die Flutung des ehemaligen Tagebaus Meuro in der Lausitz. Bis 2018 entsteht in Großräschen der neue Ilsesee. Kritiker warnen, dass die Flutung den Spreewald gefährden kann

VON UWE RADA

Seit gestern um 12.30 Uhr fließt im brandenburgischen Großräschen das Wasser. Über ein Rohr wird von nun an elf Jahre lang Spree-, Neiße- und Elsterwasser in die Grube des ehemaligen Tagebaus Meuro geleitet. 2018 soll der neue Ilsesee geflutet sein, er soll insgesamt 771 Hektar groß und 70 Meter tief werden. Das Lausitzer Seenland, Europas größte künstliche Seenlandschaft, wäre damit komplett.

Von dieser schönen Zukunft seines Landes zu künden, das hatte sich eigentlich Matthias Platzeck (SPD) vorgenommen. Doch wegen einer Grippe musste Brandenburgs Ministerpräsident kurzfristig alle Termine absagen. An seiner Stelle drehte Umweltminister Dietmar Woidke (SPD) die Wasserleitung auf. Gleichwohl ließ Platzeck ausrichten, wie sehr er sich freue, „dass keine andere Bergbaugegend in ganz Deutschland so nachhaltig und kreativ umgestaltet worden ist“. Immerhin seien 1990 noch 30 Prozent der Fläche des heutigen Landkreises Oberspreewald-Lausitz Bergbaugebiet gewesen.

Der Ilsesee bildet sich direkt am Fuße des Ausstellungszentrums der Internationalen Bauausstellung (IBA). Über die touristischen Angebote informiert die IBA seit gestern in einem gerade eröffneten Besucherzentrum. Von den 30 neuen Seen, sagte IBA-Chef Rolf Kuhn, wird die Hälfte so miteinander verbunden sein, dass Boote darauf verkehren können. „Das Kerngebiet wird für Segler, Motorbootfahrer und Paddler erfahrbar sein“, so Kuhn. Seit Jahren ist die IBA der Motor bei der Umgestaltung der ehemaligen Tagebaulandschaft zum Seengebiet.

In der Vergangenheit gab es auch kritische Stimmen. „Wenn ich daran denke, wie viel Wasser wir da einleiten und wie viel uns andernorts fehlt, wird mir ganz mulmig“, mahnte vor kurzem in der taz der Präsident der Fachhochschule Eberswalde, Wilhelm-Günther Vahrson. Vor allem das Niedrigwasser der Spree beunruhigt die Kritiker. Immerhin befindet sich zwischen der neuen „märkischen Riviera“ und Berlin noch der Spreewald, dessen Ökosystem ohnehin in trockenen Sommern gefährdet ist.

„Kein Problem“, meint dazu Rudolf Heine, der Leiter der Flutungszentrale in Senftenberg. „Wir dürfen erst dann zuleiten, wenn die Flüsse genügend Wasser haben und die Wasserspeicher gefüllt sind.“ In Heines Zentrale wird das ausgeklügelte System überwacht: Neißewasser fließt über Kanäle in die Spree, von dort geht es über Pumpen in den Sedlitzer See. Aus dem wiederum stammt das Wasser für den künftigen Ilsesee.

Ein Problem aber bleibt: Bei anhaltender Trockenheit drohen die ehemaligen Bergbaulöcher von alleine mit Grundwasser vollzulaufen. Und das wäscht die vorhandenen Eisenschwefelverbindungen der Tagebaue aus. Das Wasser droht dann sauer zu werden.

In Großräschen schien gestern nicht nur die Sonne, auch die Stimmung war ungetrübt. Wie sehr man auf den neuen Ilsesee setzt, zeigt eine Seebrücke. Sie steht bereits seit 2005, als noch alles trocken war, an den IBA-Terrassen. In elf Jahren wird man von ihr ins Wasser springen können.