: Undenkbares Bremen
ROTGRÜN Viele grüne Kulturthemen schaffen es in den anvisierten Koaltionsvertrag: Tourismusabgabe, NS-Fonds, Sonntagsöffnung der Stadtbib
Sowohl Tourismusabgabe als auch ein etwaiger Entschädigungs-Fonds für Kunstwerke aus jüdischem Besitz haben es in den Entwurf des Koalitionsvertrags geschafft. Wird er von SPD und Grünen auf ihren Parteitagen bestätigt, soll Kultur künftig in Gestalt einer – allerdings noch nicht näher definierten – Tourismusabgabe über eine neue Einnahmequelle verfügen.
Immerhin, so die dahinter stehende Argumentation, lebe die Hotellerie wesentlich von kulturellen Angeboten. Bereits im vergangenen Jahr hatten die Grünen eine „Kulturförderabgabe auf Übernachtungen“ in Höhe von fünf bis sechs Prozent ins Gespräch gebracht, mit der man an die zwei Millionen Euro jährlich generieren könne – waren damit jedoch beim SPD-geführten Wirtschaftsressort abgeblitzt. Auch der Entschädigungs-Fonds geht auf eine schon etwas länger vorliegende Initiative der Grünen zurück, die vom SPD-Kultursenator nie öffentlichkeitswirksam aufgegriffen worden war.
Wenig übrig hatte Jens Böhrnsen für die Öffnung der Stadtbibliothek „an weiteren Sonntagen“, die nun geprüft werden soll. SPD-Handschrift hingegen trägt die ausgiebige Betonung der Bedeutung von Kultur „für den Zusammenhalt des Stadtlebens“. Zudem liefere sie „Denkanstöße für die Bildung und Wissenschaft, Stadtentwicklung und Wirtschaft“. Dass Kultur auch „einen Eigenwert besitzt“, wird immerhin im folgenden Absatz des Entwurfes nachgeschoben.
Konkret spricht sich Rotgrün für mehr Musik, Theater und bildende Kunst im Schulunterricht aus, für den Einsatz von KünstlerInnen im Ganztags-Schulbetrieb und Patenschaften zwischen Kreativen und Kinder- und Jugendeinrichtungen. Auch ein freier Museumseintritt für SchülerInnen steht auf der Agenda. Und eine kostenlose Unfall- und Haftpflichtversicherung für Ehrenamtliche.
Auffallend oft betont der Vertragsentwurf den Wert von Zwischennutzungen. Die Unterstützung von Projekten in Brache-Objekten habe Vorrang etwa vor „der Finanzierung privatwirtschaftlich agierender Träger“ – eine Formulierung, die unschwer als prophylaktische Absage an eine Alimentierung etwa des insolventen Waldautheaters zu interpretieren ist.
Unterm Strich beinhaltet der Entwurf deutlich mehr grüne Themen als vor vier Jahren. Auf eine gemeinsame Maximalaussage konnten sich die KoalitionärInnen jedoch offenbar leicht einigen: Ohne Kultur sei „das Land Bremen nicht denkbar“.
HENNING BLEYL