: Priester mit Ehering
Am Samstag werden in Paderborn zwölf Diakone zu Priestern geweiht: Für elf von ihnen gilt das Zölibat, aber einer ist verheiratet und hat ein Kind
VON KATHARINA HEIMEIER
Das erzkatholische Bistum Paderborn bekommt einen verheirateten Pfarrer: Am Samstagmorgen wird der frühere evangelische Pfarrer Gerhard Stille im Hohen Dom zu Paderborn zum Priester geweiht. Bei dem Gottesdienst am Tag vor dem Pfingstfest werden seine Ehefrau Christiane und seine 12 Jahre alte Tochter Therese dabei sein. Die anderen elf Priesteranwärter müssen bei der Weihe das Zölibat bejahen. Stille dagegen darf weiter mit seiner Frau zusammen leben. Möglich macht seinen Weg ins Priesteramt eine Ausnahme von höchster Stelle: Der Papst persönlich hat dem 47-Jährigen aus Holzminden den so genannten Dispens erteilt.
„Für uns in Paderborn ist das etwas ungewöhnlich“, sagt Thomas Throenle vom Erzbischöflichen Generalvikariat Paderborn. Stille werde der einzige verheiratete Priester im Bistum sein. Aber in anderen Bistümern gebe es ähnliche Fälle. Weltweit wird die Zahl der evangelischen Seelsorger, die in ein katholisches Priesteramt gewechselt sind, auf etwa 300 geschätzt.
Als Christiane Jenewein-Stille ihren Mann geheiratet hat, war er evangelischer Vikar. Sie habe erwartet, dass sich etwas ändere, wenn ihr Mann katholisch werde. Aber inzwischen habe sie festgestellt, dass da „im Prinzip nicht viel Unterschied ist“, sagte sie der taz. Sie selbst ist evangelisch, Tochter Therese Messdienerin in der katholischen Kirche.
Gerhard Stille konvertierte im Jahr 2000. Er habe mit der Zeit eine große Sympathie für die katholische Kirche entwickelt, die er als Weltkirche kennen gelernt habe. „Da hatte ich eine starke Sehnsucht, da will ich dazu gehören“, sagte er der Neuen Westfälischen, bevor er sich in Abgeschiedenheit auf seine Priesterweihe vorbereitete.
Im Jahr 2002 trat Stille ins Priesterseminar Paderborn ein und seit dem vergangenen Jahr arbeitete er als Diakon in der Pfarrgemeinde St. Michael in Brakel. Dort erregte der verheiratete Seelsorger durchaus Aufsehen. Seine Weihe werde „mit großer Freude“ verfolgt, berichtet Pfarrer Wilhelm Koch.
Ab Samstag wird Gerhard Stille zum auserwählten Kreis der verheirateten Priester gehören. Dann wird ihm Erzbischof Hans-Josef Becker das Sakrament der Priesterweihe spenden. Elf andere Diakone werden die Weihe mit Stille zusammen empfangen – „eine erfreulich hohe Zahl“, sagt Throenle. Auch im Bistum Paderborn herrsche Priesterknappheit. Dass Pfarrer von der Konkurrenz wechseln, wird aber wohl die Ausnahme bleiben. „Wir starten keine Werbeaktion“, sagt Throenle.