piwik no script img

Archiv-Artikel

Bahn hat ein Rad ab

Die Deutsche Bahn will zwischen 2. und 9. Juni keine Fahrräder im Zug Berlin–Rostock transportieren. Die Begründung: zu sperrig und Wagen seien zu voll. Grüne sprechen von politischer Schikane

von PLUTONIA PLARRE

Die Deutsche Bahn zeigt sich von ihrer kundenunfreundlichsten Seite. Nicht genug damit, dass in der Zeit zwischen 2. und 9. Juni keine Extrazüge von Berlin nach Rostock rollen sollen, hat sie auf der Strecke auch noch ein absolutes Fahrradmitnahmeverbot verhängt. Betroffen sind alle Züge des Regionalexpress RE 5 Berlin–Rostock und retour.

Spontane Radtour mit der Familie an den Müritzsee? Denkste. Kurzbesuch mit dem Stahlross in Heiligendamm bei den Freunden im G-8-Widerstandscamp? Keine Chance. „Wir erwarten in dieser Zeit ein größeres Reiseaufkommen“, begründet Bahnsprecher Burkhard Ahlert die Anordnung. „Fahrräder sind sperrig und schränken den Reisekomfort der Fahrgäste ein.“

Das Naheliegende wäre, mehr Züge einzusetzen – so wie es die Bahn in ihrer Presseinformation auch verspricht: „Deutsche Bahn verstärkt Zugangebot während des G-8-Gipfels“, lautet die Überschrift. Erst im Text folgt die Einschränkung, dass die über 70 zusätzlichen Lokomotiven, Trieb- und Reisezugwagen nur in Norddeutschland zum Einsatz kommen werden. Auf der Trasse Berlin–Rostock wird kein einziger Zug mehr fahren als sonst.

Der RE 5 sei in Normalzeiten nie 100-prozentig ausgelastet, sagt Ahlert zur Begründung. Deshalb würden die vorhandenen Kapazitäten auch bei verstärktem Andrang ausreichen. Nur am 7. Juni, wenn auch Herbert Grönemeyer in Rostock auftritt, werde es eine Sonderregelung geben. Reisenden, die mit dem Rad nach Warnemünde wollen, gibt Ahlert den Tipp: Den Regionalexpress nach Stralsund nehmen und dort in den Zug nach Rostock umsteigen. Den Zeitverlust durch den Umweg von ein bis zwei Stunden bei einer eigentlich knapp dreistündigen Fahrt müssten die Reisenden in Kauf nehmen.

„Statt sich über Fahrgäste zu freuen, blockiert die Bahn sie“, erregt sich der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im europäischen Parlament, Michael Cramer. Dabei sei der Radtourismus einer der wenigen Wirtschaftsfaktoren, die Ostdeutschland überhaupt habe. Bei der Fußballweltmeisterschaft sei die Bahn doch auch in der Lage gewesen, ausreichend Sonderzüge einzusetzen. Dass es beim G-8-Gipfel keine zusätzlichen Züge von Berlin und Rostock gibt, hält Cramer für „politische Schikane“.

Der Landesvorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrradclub Berlin (ADFC), Benno Koch, wurde sogar auf eine falsche Fährte geschickt, als er sich bei der Bahn nach Gründen für das Fahrradverbot erkundigte: Der Regionalleiter Nordost habe ihm erzählt, die Anweisung gehe auf das Innen- und Verkehrsministerium von Mecklenburg-Vorpommern sowie die Bundespolizei zurück, so Koch. Er forschte bei den Ministerien und der Bundespolizei nach – und bekam zur Antwort: „Wir haben keine Bedenken gegen eine Fahrradmitnahme.“

Die Reisenden hätten Anspruch, mit ihren Rädern mitgenommen zu werden, sagt Koch. „Es wird furchtbaren Ärger geben, wenn sie davon abgehalten werden.“