DIE ARBEITSPARTEI IN ISRAEL HOFFT AUF OLMERTS FREIWILLIGEN ABGANG : Kandidaten in der Klemme
Die Mitglieder von Israels Arbeitspartei haben ein doppeltes Urteil gefällt. Nicht nur der bisherige Chef Amir Peretz wird für die Fehler der vergangenen 18 Monate zur Verantwortung gezogen, sondern mit ihm auch Premierminister Ehud Olmert. Egal wer in der zweiten Runde der Wahlen des neuen Parteichefs das Rennen machen wird – beide Kandidaten wollen der Koalition unter Olmert ein Ende machen. Die Frage ist nur, wie.
Ehud Barak strebt für den Jahreswechsel vorgezogene Neuwahlen an, während Ami Ayalon mit der Kadima durchaus weiter regieren würde, vorausgesetzt, sie schmeißt ihren Chef raus und lässt Zippi Livni ans Ruder, die derzeitige Außenministerin. Tut sie das nicht, dann hat Ayalon ein Problem. Nicht nur seine Partei lehnt Neuwahlen ab, solange die Umfragen Oppositionsführer Benjamin Netanjahu den Sieg versprechen. Auch er selbst, Ayalon, würde mit zu frühen Wahlen das Ende seiner politischen Karriere riskieren.
Einziger Ausweg bliebe dann nur noch der freiwillige Rückzug in die Opposition, was wiederum Ayalon wenig Möglichkeiten ließe, sich zu profilieren. Ganz anders wäre es, wenn der politische Neuling als Verteidigungsminister die Aufgabe übertragen bekäme, die Armee zu reformieren. Eine dringende Mission, die auch Barak sehr lockt.
Olmert wird versuchen, den Nachfolger von Amir Peretz von der Notwendigkeit der nationalen Einheit zu überzeugen. Die Kassam-Bedrohung aus dem Gaza-Streifen, eine mögliche erneute Eskalation an der Libanongrenze sowie die Perspektive auf Friedensgespräche mit Syrien könnten dem künftigen Chef der Arbeitspartei als Alibi herhalten, seinem Versprechen, wenn überhaupt, erst zu einem späteren Zeitpunkt nachzukommen.
Damit wären nicht nur die Parteimitglieder betrogen. Auch potenzielle Wähler ohne Parteibuch müssten an der neuen Führung zweifeln. Noch bleibt indes Hoffnung, dass der Kelch der bitteren Entscheidung am künftigen Chef der Arbeitspartei vorbeigeht. In wenigen Wochen wird der Abschlussbericht über den Libanonkrieg veröffentlicht. Mit etwas Glück wird der Druck innerhalb der Kadima für Olmert so unerträglich, dass er dann doch von selbst geht. SUSANNE KNAUL