Trotz Protesten hingerichtet

IRAN Die 26-jährige Reyhaneh Jabbari wird wegen Mordes gehängt. Sie gab an, sie habe sich gegen eine versuchte Vergewaltigung gewehrt

BERLIN taz | Allen Protesten aus dem In- und Ausland zum Trotz ist die 26-jährige Reyhaneh Jabbari am Samstag im Morgengrauen im Gefängnis von Rejaischahr der Stadt Karaj erhängt worden. Die iranische Staatsanwaltschaft gab dies in einer Erklärung bekannt. Auch der Anwalt von Jabbari bestätigte in einem Interview die Hinrichtung.

Jabbari wurde mit 19 Jahren wegen Mordverdachts verhaftet. Sie war Informatikstudentin, arbeitete aber nebenbei als Dekorateurin. Als sie eines Tages in einer Eisdiele ein Telefongespräch führte, wurde sie von einem Mann angesprochen. Er sei Chirurg und gerade dabei, eine Praxis einzurichten, sagte er und bot ihr an, die Räume zu dekorieren.

Der 47 Jahre alte Mann, Mortesa Sarbandi, Vater von drei Kindern, holte die junge Studentin wenige Tage nach der Begegnung ab. Auf dem Weg hielt er an einer Apotheke, wo er, wie es sich später herausstellte, Kondome kaufte. In der Wohnung, in der nichts auf eine Praxis deutete, versuchte er, die Studentin zu vergewaltigen. Sie wehrte sich, nahm ein Messer und versetzte ihm einen Stich in die Schulter. Dann flüchtete sie aus der Wohnung und rief den Notdienst an, ohne ihren Namen zu nennen. Doch Sarbandi verblutete.

Politische Rivalitäten

Jabbari wurde festgenommen. Sie gestand die Tat, doch die Polizei und später das Gericht akzeptierten ihre Darstellung nicht. Im Prozess tauchten mehrere Zeugen auf, die von einem geplanten Mord sprachen. Jabbari wurde 2009 wegen Mordes zum Tode verurteilt. Politische Beobachter führen das harte Urteil darauf zurück, dass Sarbandi, wie später bekannt wurde, Mitarbeiter des Geheimdienstes war.

Die Hinrichtung verzögerte sich, weil die Todesstrafe wegen Mordes gemäß Qessas (Vergeltung nach dem Prinzip Auge um Auge, Zahn um Zahn) ausgesetzt werden kann, wenn die Familie des Opfers auf eine Bestrafung verzichtet. Doch Sarbandis Verwandten bestanden darauf, dass Jabbari den Vorwurf des Vergewaltigungsversuchs zurücknimmt. Dazu war sie nicht bereit.

Die Hinrichtung löste weltweit Entsetzen aus. Bis zuletzt hatten auch Politiker im Iran die Hoffnung geäußert, der Fall werde positiv ausgehen. Möglicherweise ist Jabbari den Rivalitäten zwischen der Justiz, die sich in der Hand der Konservativen befindet und der Regierung, die einen liberaleren Kurs verfolgt, zum Opfer gefallen. BAHMAN NIRUMAND