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Archiv-Artikel

„Obszöne Medienshow“

In Venezuela formieren sich die Unterstützer von Chávez’ Medienpolitik. RCTV zeigt Nachrichten auf YouTube

Von GD

Vor hunderttausenden rot bekleideten Anhängern hat Venezuelas Präsident Hugo Chávez seine umstrittene Medienpolitik verteidigt. Die tagelangen Proteste von Studierenden gegen die Nichtverlängerung der Lizenz für den privaten Fernsehsender RCTV bezeichnete Chávez am Samstag als „riesige Manipulation“ und „obszöne Medienshow“. Auf der Massenkundgebung in der Hauptstadt Caracas sagte der sozialistische Staatschef, in Venezuela werde die Medienlandschaft demokratisiert. Der öffentliche Sender „Soziales Venezolanisches Fernsehen“ (TVes) sei „oligarchiefrei“, so Chávez. Informationsminister William Lara sagte, RCTV stehe es frei, sein Programm über Kabel zu senden.

In zahlreichen Sprechchören wurde gefordert, die Regierung solle dem Oppositionssender „Globovisión“ vorzeitig die Lizenz entziehen. Privaten Medien könne wegen Gesetzesverstößen und „Medienterrorismus“ die Konzession entzogen werden, stellte Chávez prompt in Aussicht. „Sie sollen sich gut überlegen, wie weit sie gehen“, wiederholte der Präsident seine Warnung vom letzten Dienstag. „Auf welche Seite werden sich die venezolanischen Studenten in dieser historischen Stunde stellen?“, fragte er, „auf die des Volkes oder auf die der Oligarchie?“ Kritik aus dem Ausland tat der Staatschef als „Einmischung in die internen Angelegenheiten Venezuelas“ ab. „Die internationale Elite fürchtet, dass sich das Beispiel Venezuelas auf andere Länder ausdehnt, wo sie meint, ihr gehöre alles“, rief Chávez.

Einen Appell des brasilianischen Senats, die Maßnahme gegen RCTV rückgängig zu machen, hatte Chávez am Donnerstag zurückgewiesen und die Parlamentarier des Nachbarlandes als „Papageien Washingtons“ bezeichnet. Daraufhin bestellte das brasilianische Außenministerium den venezolanischen Botschafter ein. Seit einer Woche ist RCTV in Venezuela nicht mehr frei zu empfangen. Seine Nachrichtensendungen strahlt der Traditionssender jetzt über das Internetportal YouTube aus. GD