Beirat macht Neonazi sprachlos

RECHTE Erstmals saß gestern ein NPD-Vertreter im Beirat Blumenthal. Draussen protestierten Linke. Drinnen auch – gegen die Redebegrenzung, die wegen der NPD eingeführt wird, aber auch andere trifft

Unter Protest konstitutierte sich gestern das Stadtteilparlament in Blumenthal. Denn mit dabei ist auch Sascha Humpe von der NPD. 4,3 Prozent der Blumenthaler hatten die neonazistische Partei gewählt. Wie in Gröpelingen reichte das für einen Sitz im Beirat.

Mit Transparenten und Lautsprechern demonstrierten deshalb etwa 20 AntifaschistInnen vor dem Eingang des Blumenthaler Schulzentrums. Seit 18 Uhr warteten sie dort, eine Stunde bevor in der Schulaula die erste Beiratssitzung beginnen sollte. Um Viertel vor Sieben dann kam Sascha Humpe, in Begleitung dreier Beschützer. Sichtlich unglücklich über den Empfang, ging er erstmal zu den etwa zehn PolizistInnen. Ortsamtsleiter Jörg-Peter Nowack hatte diese zum Schutz bestellt, aus Angst vor Auseinandersetzungen. Doch die gab es nicht.

„Nazis raus“ riefen die DemonstrantInnen kurz, als Humpe wortlos an ihnen vorbei eilte. In der letzten Reihe des Parlaments, hinter VertreterInnen der Linken und Grünen nahm er seinen Platz ein, blickte zu seinen Begleitern auf den Zuschauerplätzen, dann wieder auf seine Unterlagen. Rechts neben ihm Harald-Christian Sociu von den rechtpopulistischen Bürgern in Wut (BIW). Auch die sind im Blumenthaler Beirat mit einem Sitz vertreten.

Einige AntifaschistInnen hatten sich in deren Nähe gesetzt, eine Frau eine Antifa-Fahne entrollt. Doch Nowack lies keinen Zweifel daran, dass er die Sitzung regulär durchführen wollte. „Rollen Sie die Fahne ein, sonst lasse ich Sie aus dem Saal entfernen.“ Schon hatten sich PolizistInnen hinter der Frau aufgebaut, dann ließ sie sich doch überzeugen. Die Sitzung begann.

“Herr Humpe, war das eine Zustimmung?“ Nicht deutlich genug hatte der Neonazi seinen Arm gehoben, Sitzungsleiter Nowack musste noch einmal nachfragen. Doch, auch Humpe war dafür, die Geschäftsordnung „durchzugendern“ und weibliche Formen hinzuzufügen. Ein Antrag der Linken. Es sollte nicht das letzte Mal sein, dass er wie Grüne und Linke stimmte. Denn über die Änderungen der Geschäftsordnung, die SPD und CDU vor hatten, waren die ebenfalls nicht glücklich. Die Einschränkungen betreffen die kleinen Fraktionen gleichermaßen: Begrenzte Redezeit von zwei Minuten für BürgerInnen und Beiratsmitglieder. Verkleinerter Koordinierungsausschuss, dem wichtigsten Beiratsgremium, von sieben auf drei Mitglieder.

Alles um zu verhindern, dass der Beirat für Propaganda missbraucht wird. Doch Sascha Humpe sagte kaum etwas. Eine Show, das war schnell klar, würde er nicht abliefern. Auch Sociu fiel nicht auf. Sehenswert war vielmehr, wie Nowack die linke Kritik abwatschte. „Machen sie erstmal ihre Hausaufgaben“, sagte er zum grünen Beirat Eike Schurr.

Die Mehrheit von SPD und CDU beschloss fast alle beantragten Änderungen. Drei Stunden tagten die Beiräte. Die meisten NazigegnerInnen hatten solange nicht durchgehalten, auch die Polizei war bereits abgezogen. Sascha Humpe war geblieben. Am Ende hätte fast der Eindruck entstehen können, das alles stinknormal abgelaufen war. „Ich hatte mehr Tumult erwartet“, sagte auch der wiedergewählte Beiratssprecher Wolfgang Dettmer (SPD). Doch dann, nachdem sich eine Bürgerin für die Säuberung der Straßenschilder bedankt hatte, meldete sich nochmal ein Blumenthaler zu Wort: „Ich schäme mich, dass insgesamt 15 Prozent NPD und BIW gewählt haben.“ JPB