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Archiv-Artikel

Blutbad aufgeklärt

Staatsanwaltschaft klagt zwei Vietnamesen des siebenfachen Mordes in einem Chinarestaurant an

BERLIN taz ■ Das Blutbad in einem Chinarestaurant im niedersächsischen Sittensen im Februar soll ein Raubmord gewesen sein. Davon geht die Staatsanwaltschaft Stade aus, die gestern zwei Bremer Vietnamesen im Alter von 31 und 33 Jahren des 7fachen Mordes anklagte. Ein dritter Vietnamese sitzt ebenfalls in Haft. Die Staatsanwaltschaft arbeitet mit Hochdruck an der dritten Anklageschrift, um eine gemeinsame Hauptverhandlung zu ermöglichen.

Die Männer sollen, wahrscheinlich gemeinsam mit weiteren Tatbeteiligten, in der Nacht vom 4. zum 5. Februar sieben Asiaten in dem Restaurant erschossen haben. Zuvor sollen sie laut Anklageschrift die Opfer gefesselt und misshandelt und anschließend Notebooks, Bargeld und Mobiltelefone aus dem Lokal mitgenommen haben. Die Staatsanwaltschaft rechnet für Juli mit der Eröffnung des Prozesses.

Die beiden Männer werden durch eine Reihe von Zeugenaussagen und Indizien belastet. Dazu sollen Faser- und DNA-Spuren vom Tatort sowie Schmauchspuren an den Händen der mutmaßlichen Täter gehören. Einer der Angeklagten hat zudem laut Staatsanwaltschaft ein Teilgeständnis abgelegt.

„Nach unserem derzeitigen Ermittlungsstand gehen wir nicht von organisierter Kriminalität aus“, sagte Oberstaatsanwalt Burkhardt Vonnahme der taz. Damit relativiert er anfängliche Hinweise auf Verbindungen zu den chinesischen Triaden oder der vietnamesischen Zigarettenmafia. „Woher die plötzliche Geldnot der Angeklagten kam, ist derzeit noch spekulativ.“

Die Männer arbeiteten als Koch und Hilfskoch in einem Bremer Chinarestaurant. Sie waren als Jugendliche gemeinsam mit ihren Eltern aus Vietnam nach Deutschland geflohen. Nach ihrer Festnahme im Februar war über Verbindungen ins Spielermilieu spekuliert worden.

Das wollte der Staatsanwalt jetzt nicht ausschließen. „Hinweise auf Spielsucht haben wir aber definitiv nicht.“ Verbindungen zum Menschenhandel, eine weitere Spekulation nach der Festnahme, „erscheinen den ermittelnden Polizeibeamten nicht völlig abwegig. Aber richtige Fakten haben wir dazu nicht“, sagt Vonnahme.

Der siebenfache Mord in Sittensen gilt als bislang schwerstes Verbrechen dieser Art in Norddeutschland. Die beiden jetzt angeklagten Vietnamesen wurden nur wenige Stunden nach der Tat von der Autobahnpolizei in der Nähe von Wildeshausen bei einer Routinekontrolle festgenommen. MARINA MAI