: Ein Viertel gegen Goaliat
Am kommenden Sonntag demonstriert in Bochum ein ganzer Stadtteil gegen ein Geschäft, in dem Mode für die rechte Szene verkauft wird. Der Laden-Besitzer leugnet Kontakte zu Neonazis
AUS BOCHUM HOLGER PAULER
Persische Lebensmittel, schräge Fahrräder oder Fußballutensilien im Retrostyle – auf der Oskar-Hoffmann-Straße im Bochumer Stadtteil Ehrenfeld wird der Umsatz nicht gerade mit alltäglichen Gebrauchsgütern gemacht. Das Angebot ist eher schräg und bunt. Doch seit Oktober des vergangenen Jahres wird die Idylle in dem sozialdemokratischen Viertel von einem kleinen unscheinbaren Laden gestört. Im „Goaliat“ werden Kleidungsstücke und andere Utensilien angeboten, die zu Erkennungsmarken der rechtsextremen Szene gehören.
Ladenbesitzer Torsten Kellerhoff leugnet Kontakte zur rechten Szene. Er sei ein „unpolitischer“ Hooligan. Dabei müsste er es besser wissen: Goaliat bietet vor allem Kleidungsstücke von „Thor Steinar“ an. „Die Hersteller der Marke und auch die Verkäufer sind darüber informiert aus welcher Ecke ihre Hauptkundschaft stammt. Ohne die Absätze in der extrem rechten Szene hätten sie ein Problem zu überleben“, sagt Tony Peters vom antifaschistischen pressearchiv und bildungszentrum berlin (apabiz). Hans-Peter Killguss vom DGB-Verein „Mach meinen Kumpel nicht an!“ macht ähnliche Erfahrungen: „Schüler, die ‚Thor Steinar‘-Sachen tragen, wissen, in welchem Kontext sie sich bewegen.“
„Goaliat ist ein landesweiter Schwerpunktladen für Thor Steinar“, sagt ein Mitarbeiter des „Antirassistischen Bildungsforums Rheinland“ (ABR). Darüber hinaus gebe es noch etliche andere Geschäfte, die die Marke anbieten – darunter der kürzlich geschlossene Neonaziladen „Donnerschlag“ in Dortmund. So genannte Mitläuferläden, die nicht offen als Naziläden bekennen, dienten als Schnittmenge zwischen der Neonaziszene und ihren Sympathisanten. In den Internetforen der „Freie Nationalisten Bochum/Hattingen“ fürchtet man bereits, dass der Besitzer seinen Laden aufgeben könne. Aufrufe, Goaliat politisch zu unterstützen, gibt es ebenfalls. Gerüchten zufolge soll Kellerhoff über eine Vergrößerung seines Geschäfts nachdenken.
Unter dem Motto „Bunt statt Braun“ ruft für kommenden Sonntag ein breites Bündnis aus Parteien, Ladenbesitzern, Gewerkschaft, Kultur, linken Zusammenhängen und Einzelpersonen zu einem Stadtteilfest vor dem Bochumer Schauspielhaus auf. „Wir haben bewusst eine Form gewählt, die alle Bürger ansprechen soll“, sagt Claudia Gers, Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Ehrenfeld.
Neben dem bürgerlichen Protest gab es in der Vergangenheit auch andere unabhängige Gruppen, die gegen den Laden vorgehen. Goaliat wurde mehrfach durch Farbbeutel- oder Sprühaktionen „verschönert“. Als Reaktion darauf sei Leuten aus dem bürgerlichen und aus dem Antifa-Lager von Mitgliedern der rechten Szene aufgelauert worden. „Aus diesem Grund wird am Sonntag auch die Polizei vor Ort sein“, sagt Gers. Eine Handhabe gegen diese Personen gebe es nach Angaben des Bochumer Staatsschutzes allerdings nicht, da sie sich in einer rechtlichen Grauzone bewegten.
Der bürgerliche Protest soll im Ruhrgebiet nicht an den Grenzen Bochums enden. „Es nützt nichts, wenn der gleiche Laden woanders aufmach“, sagt Claudia Gers. Dabei dürfte sie auch die Nachbarstadt Dortmund im Blick haben. Die Neonaziläden „Buy or Die“ oder „Donnerschlag“ in der Rheinischen Straße mussten dort auf Druck der Bevölkerung schließen. Nun wollen die ehemaligen Betreiber wenige Häuser weiter neue Szenetreffs für die rechte Kundschaft eröffnen.