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Archiv-Artikel

Mindestens bis Montag um Lohn streiten

Die Union will SPD-Chef Beck am liebsten als neidischen Nörgler in die Ecke stellen. Aber das dürfte kaum genügen, um die populäre Forderung der SPD nach Mindestlöhnen abzuwehren. Vor dem Koalitionsgipfel sammelt die CDU Gegenvorschläge

AUS BERLIN LUKAS WALLRAFF UND ULRIKE HERRMANN

Heiligendamm ist vorbei. Union und SPD bereiten sich jetzt auf ihren eigenen Gipfel vor. Am Montag treffen sich die Führungsleute der Koalition, um das innenpolitische Streitthema „Mindestlöhne“ zu besprechen. Für Kanzlerin Angela Merkel (CDU) heißt der wichtigste Verhandlungspartner nicht mehr George Bush, sondern Kurt Beck.

Der SPD-Chef ist für die Union ein zunehmend unbequemer Partner, der sogar auf Auslandsreisen die eigene Kanzlerin kritisiert. Merkels Getreue reagieren gereizt. Weil Beck während eines Aufenthalts in Ruanda den „Neoliberalismus“ der CDU geißelte und die Ergebnisse des G-8-Gipfels bemängelte, stellten CDU-Fraktionsgeschäftsführer Norbert Röttgen und CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer gestern Beck als Miesepeter hin, der auf das viele Lob für die G-8-Gastgeberin Merkel neidisch sei. Ramsauer sprach von „einer Mäkelei, noch dazu von Afrika her“. Das sei „schon etwas eigenartig“.

Mit ihren Angriffen auf „Mecker-Beck“ (CDU-General Pofalla) kann die Union jedoch kaum die eigenen Probleme überdecken. Die von der SPD geforderte Einführung von Mindestlöhnen befürworten laut Umfragen auch 57 Prozent der Unionsanhänger.

Einfach nur Nein zu sagen, wäre also unklug. Röttgen präsentierte deshalb einen Alternativvorschlag: Niedriglöhner, die zu wenig Geld verdienen, um ihre Familien zu ernähren, sollen staatliche Zuschüsse bekommen. Drei Jahre lang – und ohne die strengen Kontrollen à la Hartz IV. SPD-Experte Klaus Brandner lehnte dieses Fördermodell jedoch umgehend ab: „Das ist eine Einladung an die Arbeitgeber, die Löhne weiter abzusenken.“

Die Union bietet nun an, das „Entsendegesetz“ auszuweiten. Da könne man „die eine oder andere Branche mit hineinnehmen“, sagten NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann und Röttgen. Ursprünglich gedacht, um Lohndumping durch Ausländer zu verhindern, sorgt das Entsendegesetz partiell bereits für Mindestlöhne. Bei Gebäudereinigern gilt es ab Juli. Dann erhalten Putzkräfte im Osten 6,36 Euro pro Stunde, im Westen 7,87 Euro. Die Bauindustrie lebt schon seit 1997 mit dem Entsendegesetz. Selbst Arbeitgeber sind begeistert: „Die Mindestlöhne haben statistisch nachweisbar nicht zu einer Erhöhung der Preise beigetragen“, heißt es in einem Papier des Bauindustrieverbandes. Auch die Produktion sei nicht ins Ausland verlagert worden.

Ohne Entsendegesetz und nur im Rahmen seiner Landeskompetenzen wurde CDU-Minister Laumann bereits tätig: Im Mai erklärte er die Tariflöhne der Hotel- und Gaststättenbranche in NRW für allgemein verbindlich. Die Beschäftigten können jetzt auf mindestens 900 Euro monatlich hoffen. Allerdings lässt sich das Beispiel nicht so einfach auf andere Länder übertragen: In 11 von 18 Bezirken gibt es im Hotel- und Gaststättengewerbe keine aktuellen Tarifverträge mehr.

Eine grundsätzliche Einigung in Berlin ist am Montag kaum zu erwarten. „Dann machen wir weiter Druck“, kündigte SPD-Generalsekretär Hubertus Heil an.

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