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Archiv-Artikel

Fischattacke und Polizeigewahrsam

Neonazi-Infostand ärgert einen Anwohner derart, dass dieser daneben eine Fischkonserve entleert. Polizei greift ein

Bundesweit wollten NPD und so genannte „Freie Kameradschaften“ (FK) am vergangenen Samstag gegen den G-8-Gipfel agitieren. Auch im Norden, in Ahrensburg, Marne, Plön und Wentorf, stellten sie dazu Infostände auf. In Norderstedt liefen Rechte mit Eselmasken auf – um den Hals ein Schild: „Ich Esel glaube noch an eine gerechte Globalisierung“. Spontane Gegenreaktion erlebten die Neonazis in Blankenese. Hier hatten sich 17 NPD-Freunde in der Bahnhofsstraße aufgestellt.

Gegen 11 Uhr kam Klaus Frank (Name geändert) auf seinem Fahrrad vorbei. Mit den Einkäufen vom Wochenmarkt rollte der Familienvater an dem Stand vorbei. „Schlimm“ habe er sich gedacht, so Frank zur taz. Kurz entschlossen kippte er den gerade erst gekauften Matjes-Hering vor dem Tisch mit dem NPD-Material aus.

„Aus spontaner Betroffenheit als Anwohner handelte ich“.

Sofort rissen ihn zwei Polizisten vom Rad – so heftig, dass nicht nur der gesamten Einkauf auf der Straße landete. „An der Schulter und am Oberkörper habe ich Prellungen“, berichtet Frank. Eine Wade habe er sich am Zahnkranz des Fahrrads aufgerissen und später einen Arzt aufsuchen müssen.

Zunächst aber brachte ihn die Polizei erst einmal im Streifenwagen nach Hause, um durch einen Pass die Personendaten bestätigt zu bekommen. Dennoch kam Frank, Anfang 40 und echter Blankeneser, in Polizeigewahrsam und blieb festgesetzt, bis die Neonazis gegen 13 Uhr ihren Stand abgebaut hatten.

„Die Beamten haben mich äußerst brutal von Rad geholt“, sagt Frank und findet auch das weitere Verhalten der Beamten „unverhältnismäßig“. Schließlich habe er den Fisch nur auf den Gehweg gekippt, nicht auf Infostand selbst. Das müssten zeugen bestätigen können. Frank „soll sehr widerspenstig gewesen sein“, sagt dagegen ein Polizeisprecher. Daher ging die Polizei offenbar auch davon aus, dass er nochmal zum Infostand zurückkehren würde.

In Bergedorf blieb am selben Tag ein Infostand der FK übrigens gänzlich ungestört. Vor Passanten wetterten sie gegen die Globalisierung: Die sei ein „Mittel zur Gewinnmaximierung“ der „Hochfinanz auf Kosten der Völker“. ANDREAS SPEIT