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Archiv-Artikel

Schwacher Auftritt

Zwei mutmaßliche Neonazis stehen wegen Übergriffs auf Antifa-Mitglieder vor Gericht. Opfer belasten Angeklagte

Die Gesichter der beiden Angeklagten wirken kindlich, auch wenn sie sich mit Ziegenbärten mehr Kontur verleihen möchten. Doch der Eindruck täuscht: Der 20-jährige Abiturient Sebastian Z. und der 23-jährige Bauhelfer Sebastian G. sollen am 10. November 2005 zu einer Gruppe von 15 bis 20 Rechten gehört haben, die gegen 17.45 Uhr am Bahnhof Lichtenberg zwei Angehörige der Antifa attackierten. Die Linken verteilten anlässlich des 13. Todestages des von Rechtsextremen erstochenen Hausbesetzers Silvio Maier Flyer und Infomaterial. Die mutmaßlichen Neonazis müssen sich seit gestern vor dem Amtsgericht Berlin wegen Landfriedensbruch verantworten.

Vier Zeugen schildern vor Gericht übereinstimmend folgende Tatversion: Die Rechten stürzten sich mit dem Ruf „Verpisst euch, ihr Zecken!“ auf die Flugblattverteiler. Die Opfer wurden mit Bierflaschen beworfen, eine traf Mattias Z. an der rechten Schulter. Kurz darauf bekam Thomas J. vom jüngeren Angeklagten etliche Faustschläge, auch an die Schläfe. Das Opfer trug ein geschwollenes Jochbein, ein Schädel-Hirn-Trauma und eine chemisch-toxische Bindehautentzündung durch Reizgas davon.

Die Gesichter der beiden Männer kannten die Zeugen von Nazi-Demonstrationen und aus dem Internet, später identifizierten sie die Schläger bei der Polizei. Mattias Z. bekam dafür ein Jahr später die Quittung: Sebastian Z. zeigte ihn wegen versuchten Totschlags an, der Linke landete für drei Monate in Untersuchungshaft. Jenes Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.

Vor Gericht schweigt der Angeklagte G. Dagegen erklärt Z., nicht vor Ort, sondern bei seinem Bruder Sascha Z. gewesen zu sein. Der Bruder bestätigt das. Allerdings bestreitet Sascha Z. vor Gericht auch, jemals an rechten Demonstrationen teilgenommen zu haben. Die beiden Angeklagten wurden von den Opfern, die sich als „engagierte Antifaschisten“ bezeichneten, belastetet. So zeigt der Anwalt des Nebenklägers Thomas J. dem Gericht drei Fotos, die den Bruder bei rechten Demonstrationen in Neubrandenburg und Seelow zeigen. Der Prozess wird nächsten Mittwoch fortgesetzt.

UTA FALCK