Carl-Edgar Jarchow, Präsident
: Der Beruhiger

■ 56, war Vizevorsitzender der Hamburger Statt-Partei. 2007 trat er der FDP bei, für die er jetzt in der Bürgerschaft sitzt. Foto: dpa

Der Dauerkartenverkauf für die kommende Saison ist beim HSV eigentlich beendet, ein Ticket müsste aber noch übrig sein. Bei seiner Vorstellung als Interims-Präsident des HSV hatte Carl Jarchow nämlich am 16. März erklärt: „Es ist nicht vorgesehen, dass ich länger bleibe. Danach werde ich auf meinen Dauerkartenplatz zurückkehren.“

Das ist jetzt Schnee von gestern. Mit klarer Mehrheit hat der Aufsichtsrat beschlossen, ihm einen Vertrag bis März 2013 zu geben. „Er hat Ruhe in den Verein gebracht“, sagte der Aufsichtsratsvorsitzende Otto Rieckoff. Carl Jarchow war der richtige Mann zur richtigen Zeit.“

Ruhe – damit ist die Mission von Jarchow gut beschrieben. Zum Zeitpunkt seiner vorläufigen Inthronisierung schien sich der Traditionsverein endgültig in seinen autoaggressiven Strukturen verknotet zu haben. Der Aufsichtsrat hatte den Vertag von Vorstandschef Bernd Hoffmann und seiner Vize Katja Kraus nicht verlängert, und mit Armin Veh war gerade wieder ein Trainer geschasst worden.

„Carl Edgar Jarchow ist ein angesehener hanseatischer Kaufmann mit einer großen Leidenschaft für den HSV“: Mit dieser Charakterisierung brachte Rieckhoff zwei Begriffe ins Spiel, die die Gemüter beruhigen sollten. Die Betonung des „Hanseatischen“ zeigte: Die solide Hamburger Kaufmannschaft hat den Verein aus den Händen spekulativer Emporkömmlinge befreit.

Zudem ist Jarchow schon äußerlich die Idealbesetzung eines Hanseaten – oder dessen, was man sich landläufig darunter vorstellt: Silbernes Haupt, sonore Stimme, konservativ-maritimer Kleidungsstil, gewinnendes Lächeln. Dazu eine Vita als vierfacher Vater, Außenhandelskaufmann, Bürgerschaftsabgeordneter, Golfspieler mit zahlreichen Bekenntnissen zur Freiheit der Bürger und des Marktes, die er als Ex-Mitglied der Statt-Partei und aktuelles der FDP auch zu erhalten sucht. Ihm würde man sein Geld anvertrauen.

Aber auch den Fußball-Vereins seines Herzens? Dafür steht die Betonung der „Leidenschaft“ in Rieckhoffs Steckbrief. Bernd Hoffmann haben die HSV-Anhänger nie verziehen, dass ihm jeglicher Stallgeruch fehlte. Jarchow dagegen kommt zugute, dass er von 1998 bis 2001 bereits stellvertretender Leiter der Abteilung Fördernde Mitglieder/Supporters Club und von 2001 bis 2004 Mitglied des HSV-Aufsichtsrates war.

Verwunderlich ist nur, dass er vor kurzem sagte, dass der HSV in drei Jahren wieder Champions League spielen solle, während er selbst nur einen Zweijahresvertrag bekam. In denen hat er nur eine Aufgabe zu erfüllen: der sportlichen und wirtschaftlichen Führung den Rücken für den beschlossenen Umbau frei zu halten. RALF LORENZEN