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Archiv-Artikel

Dominanz

Von JUL

Auf diesen Seiten ist viel von der Männlichkeitsbildern die Rede. Ein bisschen sehr viel. Man fragt sich mit Recht, wo die Diskussion über Weiblichkeit bleibt. Ist das kein Thema? Widerspricht nicht lesbische Liebe der Geschlechterhierarchie patriarchischer Gesellschaften, wie man sie gemeinhin ostwärts vermutet? Steht nicht das kommunistische Idealbild der Frau als Kamerad des Mannes gegen eine Verbindung, die Männer ausschließt? Und wie steht es mit den Frauenbildern des Kapitalismus?

Diese Fragen haben wir zwanzig Frauen aus dem Osten Europas gestellt. Angefangen bei Frauen, die einfach nur Frauen lieben, bis hin zu solchen, die sich öffentlich für die Gleichberechtigung ihrer Liebe einsetzen. Geantwortet haben nur zwei. Und auch die verweisen lieber auf Texte, die schon vor Jahren veröffentlicht wurden, als dass sie selbst für sich sprechen würden. Das sei alles nicht so einfach. Bereitwillig gaben sie uns weitere Adressen von weiteren Aktivistinnen. Aber auch die waren zögerlich bis verschwiegen.

Der ehemalige Ostblock ist, was lesbische Liebe angeht, gespalten: In Rumänien leben Lesben in totaler Isolation, erklärt Theo Recorean. Bis 2002 galt der Artikel 200, der homosexuelle Beziehungen unter Strafe stellte. Und der fiel auch nur aufgrund politischen Drucks seitens der EU. Lesbische Netzwerke gibt es nur in Großstädten, und auch dort leben sie nur von mündlich ausgetauschten Informationen. Eine rumänische Frau wird dazu erzogen, einen Mann zu heiraten. Gruppen, die sich für die Rechte von Homosexuellen einsetzen, sind von Schwulen dominiert. In Tschechien und Slowenien hingegen können Schwule und Lesben ihre Partnerschaft eintragen lassen. In Prag fand im Mai schon zum 13. Mal das Festival eLnadruhou (L2) statt, organisiert von einer Gruppe, die sich mit den Belangen von lesbischen, transgender und bisexuellen Frauen befasst.

Vielleicht ist es ja wirklich nicht so einfach, von lesbischer Liebe im ehemaligen Ostblock zu schreiben. Vielleicht ist es gerade deswegen umso nötiger. Wir bleiben dran. JUL