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Archiv-Artikel

Antifa-Clowns spotten über rechte Pappnasen

In Köln demonstrieren 200 Rechtsextremisten gegen den Bau einer Moschee, zwei Gegendemos mobilisieren rund 1.600 Teilnehmer. Ein linker Stadtrat wird bei einem Gerangel an einer Absperrung vorläufig festgenommen

KÖLN taz ■ Er bezeichnete sie als „zeitgenössische Variante des Nationalsozialismus“, als Leute, „die mich am liebsten in eine Gaskammer stecken würden“. Nichtsdestotrotz benutzte die rechtsextremistische „Bürgerbewegung pro Köln“ ausgerechnet den Holocaustüberlebenden Ralph Giordano als Stichwortgeber bei ihrem „Schweigemarsch“ am Samstag durch den Kölner Stadtteil Ehrenfeld: „Es gibt kein Grundrecht auf den Bau einer Großmoschee“, stand auf ihrem Fronttransparent – und daneben sein Name. „Von dieser Versammlung geht ein besonderer Gruß an Ralph Giordano, vor dem wir großen Respekt haben“, lobte „pro Köln“-Chef Markus Beisicht auf der Abschlusskundgebung den „Tabubrecher“.

Begleitet von einer Polizeihundertschaft waren die knapp 200 rechten Moscheegegner zuvor unter lauten Klängen von Carl Orffs „Carmina Burana“ in einem „Schweigemarsch“ durch nahezu menschenleere Straßen gezogen. Als „Gaststars“ dabei: der österreichische FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und aus Belgien der wegen Körperverletzung verurteilte Parlamentsabgeordnete Bart Debie vom neofaschistischen „Vlaams Belang“. Obwohl polizeilich gut gesichert, gelang es einer Gruppe antifaschistischer Clowns bis zu dem braunen Umzug vorzustoßen und die Rechten auszulachen.

Auch wenn Beisicht von einer „großen Manifestation des Protests“ sprach: Die Demo der Rechten war eindeutig die kleinste. Alleine an der Gegenkundgebung, zu der Gewerkschaften, Kirchen, DITIB und die meisten Parteien – von der FDP bis zur Linken – aufgerufen hatten, nahmen rund tausend Menschen teil. „Nazis raus aus Ehrenfeld!“, forderte dort Kölns DGB-Chef Wolfgang Uellenberg-van Dawen unter heftigem Beifall. Am zweiten Protestzug, dem des „Bündnisses antifaschistischer Gruppen“, nahmen immerhin rund 600 Menschen teil.

Zu dem rechten „Schweigemarsch“ hatten auch die NPD und „freie Kräfte des Nationalen Widerstands“ aufgerufen. Doch die meisten von deren Anhängern schafften es erst gar nicht bis zum Sammelpunkt. „Nachdem es zu fremdenfeindlichen Äußerungen aus der Gruppe kam und die Teilnehmer fortgesetzt gegen das Vermummungsverbot und weitere Auflagen verstoßen hatten“ sei den „autonomen Rechten“ der Weitermarsch untersagt worden, heißt es im Polizeibericht. Einige Neonazis wurden vorläufig festgenommen, der Rest mit Platzverweisen auf die Heimreise geschickt. Am Ende des Demotreibens standen insgesamt 97 vorläufige Festnahmen – 84 Rechtsextremisten und 9 linke Gegendemonstranten.

Ein unangenehmes Nachspiel dürfte es für den linken Kölner Ratsherrn Claus Ludwig geben: Er hat eine Anzeige wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt bekommen. Ludwig hatte an der Antifa-Demo teilgenommen und war bei einem Gerangel an einer Absperrung festgenommen worden. Die von der Polizei zunächst erteilte Auskunft, er habe in der Hitze des Gefechts ausgerechnet einen von ihr festgehaltenen Rechten „befreien“ wollen, weil er ihn mit einem autonomen Linken verwechselt hätte, erwies sich indes als Falschmeldung. „Das Ganze war ja auch so schon blöd genug“, gab sich Ludwig gegenüber der taz zerknirscht. PASCAL BEUCKER