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Archiv-Artikel

Ein Neustart, der keiner war

POSTENPOSSE Wann der Justizsenator einen neuen Leitenden Oberstaatsanwalt ernennt, ist ungewiss. Staatsrat Matthias Stauch weist Kritik am Verfahren aber zurück

„Ein im Beamtenrecht erfahrener Mitarbeiter hat die Angelegenheit geprüft.“

Matthias Stauch, Justizstaatsrat

VON LAURA KOCH

Bis auf weiteres vakant bleibt die Stelle des Leitenden Oberstaatsanwalts. Allerdings verdichten sich die Anzeichen dafür, dass die ehemalige Direktorin des Amtgerichts Blumenthal, Ann-Marie Wolff, die besten Aussichten hat.

Pikant: Ausgerechnet an ihrer Bewerbung hatte sich Kritik entzündet. Denn Wolff war zunächst als Vertreterin des Justizsenators Mitglied der Auswahlkommission. Für bedenklich hält die neue Konstellation die rechtspolitische Sprecherin der Bürgerschafts-CDU, Gabriela Piontkowski – obwohl Justizstaatsrat Matthias Stauch die Kandidatur als unproblematisch bezeichnet.

Ursprünglich war die Stelle im vergangenen Herbst ausgeschrieben worden: Amtsinhaber Dietrich Klein ging im März in den Ruhestand. Und erklärtes Ziel war, einen fliegenden Wechsel zu ermöglichen. Zwar hatte der zuständige Ausschuss zwei Monate zuvor mehrheitlich für den Hamburger Staatsanwalt Janhenning Kuhn gestimmt. Doch der Personalrat der Staatsanwaltschaft habe Bedenken geäußert, so Stauch.

Der Personalrat hatte damals seine Vorsitzende ein den Ausschuss entsandt: Staatsanwältin Gabriela Piontowski – die jetzt das Verfahren kritisiert.

Zu den Einzelheiten der Auswahlgespräche und zu den Vorbehalten gegen Kuhn, könne sie sich nicht äußern, so die Neu-Politikerin. „Mir ist aber unter anderem wichtig, dass der zukünftiger Leitende Oberstaatsanwalt längere Zeit bleibt und damit eine Konstante bildet“, sagt Piontkowski. „Die Staatsanwaltschaft Bremen hat eine zu hohe Personalfluktuation.“

Es waren Vermutungen laut geworden, Kuhn wolle die Stelle lediglich als Karrieresprungbrett benutzen, um sich früher oder später für dieselbe Position in Hamburg zu bewerben. Letztlich obliegt die Ernennung des Leitenden Oberstaatsanwaltes dem Justizsenator Martin Günthner (SPD). „Häufig entspricht die Entscheidung über die Stellenbesetzung der Empfehlung des Ausschusses“, sagt Stauch. Doch aufgrund des Widerstandes, habe sich das Ressort für eine Verlängerung der Bewerbungsfrist entschieden. Im Klartext: vorerst gegen Kuhn.

Das Bewerbungsverfahren wurde Ende März kurzerhand wieder eröffnet und gebar eine Überraschung: Auch Ausschussmitglied Ann-Marie Wolff hatte ihre Unterlagen eingereicht.

„Das hat einen seltsamen Beigeschmack“, sagt Piontkowski. „Alle Bewerber sollen schließlich die gleiche Chance haben.“

Piontkowski kreidet Wolff an, als ehemaliges Ausschussmitglied bereits die Personalakten der Kandidaten zu kennen. Wolff wisse somit, worauf es bei der Bewerbung ankommt, sagt die CDU-Frau. Zudem sei sowohl Wolff als auch den beiden Kandidaten aus der ersten Runde, Janhenning Kuhn und Klaus- Dieter Schromek, bekannt, welche Fragen im Auswahlverfahren gestellt wurden. Das ist laut Piontkowski ein klarer Nachteil für den neuen Bewerber Uwe Hellkamp.

Daher verlangt sie eine Stellungnahme über das weitere Vorgehen von Günthner. Dieser wird sich voraussichtlich in der nächsten Sitzung des Rechtsausschusses im August positionieren. Vorab werde es jedoch weder von ihm, noch von Wolff eine Erklärung geben, so eine Sprecherin des Ressorts.

Staatsrat Stauch hält das Problem der Kandidatur Wolffs für erledigt: „Ein im Beamtenrecht erfahrener Mitarbeiter hat die Angelegenheit geprüft.“ Das Ressort habe keine Gründe gefunden, die eine Bewerbung der Juristin ausschließen. „Frau Wolff hat den Mitbewerbern bereits Einsicht in ihre Personalakte zugesichert“, sagt er. Außerdem beginne das Bewerbungsverfahren noch einmal ganz von vorn, alle hätten den gleichen Ausgangspunkt.

Das allerdings ist durchaus fraglich. Denn eine neue Ausschreibung hat es im März ja nicht gegeben, sondern lediglich eine nachträgliche Verlängerung der Bewerbungsfrist. Auch bleiben die im alten Verfahren in die engere Auswahl gekommenen Kandidaten, Kuhn und Schromek, weiterhin im Rennen. Ein echter Neustart sieht anders aus. Allerdings wurden seine Regeln während des Laufens geändert.

Und die Zusammensetzung der Schiedsrichter ist eine andere: Drei der sechs Mitglieder der Auswahlkommission sind ausgetauscht worden, – Wolff zum Beispiel nimmt nicht mehr teil, Piontkowski ist mittlerweile Abgeordnete. „Grundsätzlich geht es darum, diejenige Person zu finden, die für das Amt am besten geeignet ist“, so Stauch. „Je mehr Kandidaten im Spiel sind, desto besser.“

Insider schätzen Wolffs Chancen als hervorragend ein. Sie brächte alle Voraussetzungen für das Amt mit, heißt es. Zudem ist die Stellenausschreibung unter dem Regime der Frauenförderung formuliert: „Um die Unterpräsentanz von Frauen in diesem Bereich abzubauen“, würden außerdem Frauen bei gleicher Qualifikation wie männliche Bewerber „vorrangig berücksichtigt“, heißt es im Text. Wann die nächste Ausschusssitzung stattfindet, steht noch nicht fest.