: Loveparade ist nicht zu bremsen
Verkehrsverbund Rhein-Ruhr bleibt im Preisstreit mit der Bahn hart: Für Großevents stehe Konkurrenz bereit
DÜSSELDORF taz ■ Zur Loveparade, die Ende August in Essen stattfindet, sollen auf jeden Fall Sonderzüge fahren. Wenn sich die Bahn verweigere, werde der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr eben die Konkurrenz beauftragen, sagte VRR-Sprecherin Sabine Tkatzik der taz. „Wir haben Aussagen von Wettbewerbern, die gerne einspringen würden.“
Die Bahn hatte zuvor gedroht, jeden fünften Zug im VRR zu streichen und außerdem Sonderzüge etwa zu Fußballspielen oder zur Loveparade. Der Grund: Der VRR hält seit dieser Woche 21 Millionen Euro zurück. „Als die Verträge 2004 ausgehandelt wurden, hatte die Deutsche Bahn ein Monopol“, erklärte VRR-Sprecherin Tkatzik. Ein juristisches Gutachten habe ergeben, dass der VRR dieses Jahr – gemessen an heutigen Marktpreisen – 45 Millionen Euro zu viel bezahle. Das Geld werde jetzt einbehalten. „Wir erwarten, dass die Deutsche Bahn diesen Rechtsstreit nicht auf dem Rücken der Kunden austrägt“, sagte Tkatzik. Würde die Bahn Züge nicht fahren lassen, wäre das Vertragsbruch. „Das ist ein Streit, der vor Gericht gehört.“
Unterstützung bekommt der VRR von Fahrgastverbänden und Verkehrsverbünden. Die Bahnpreise seien zu hoch, sagte Jürgen Eichel, NRW-Landessprecher des Verkehrsclubs Deutschland (VCD), der taz. Allein für 2006 habe die DB Regio einen Gewinn von 700 Millionen Euro ausgewiesen. „Wir sind auf der Seite des VRR.“ Auch andere NRW-Verkehrsverbünde verfolgen den Streit gespannt. „Wir unterstützen den VRR“, sagte Uli Beele vom Zweckverband Ruhr-Lippe. „Wir haben immer dafür plädiert, der Bahn nicht zu weit entgegen zu kommen.“
Dem Beispiel des VRR folgen wollen die anderen Verkehrsverbünde aber nicht: „Wir haben eine grundsätzlich andere Vertragssituation“, sagte etwa Isabella Stock, Sprecherin des Verkehrsverbunds Rhein-Sieg. Auch der Zweckverband Ruhr-Lippe will dem Beispiel aus Ruhr nicht folgen. „Der Wettbewerb wurde in unseren Verträgen stärker berücksichtigt“, sagte Uli Beele. In den nächsten zwei Jahren würden außerdem alle alten Verträge auslaufen und könnten dann ausgeschrieben werden.
NRW-Verkehrsminister Oliver Wittke (CDU) schweigt bislang zu dem Streit. VCD und Grüne forderten den Minister dagegen auf, die Kürzungen des Bundes beim Bahnverkehr mit Landesmitteln auszugleichen. Der Bund will bis 2019 nach Angaben der Grünen 519 Millionen Euro einsparen. Das sei die „eigentliche Ursache des Streits“ zwischen VRR und Bahn, sagte der verkehrspolitische Sprecher der grünen Landtagsfraktion, Horst Becker. VCD-Sprecher Eichel forderte, zusätzliche Einnahmen aus der Mehrwertsteuer für den Schienen-Nahverkehr zu verwenden.
DIRK ECKERT