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Archiv-Artikel

Ein Ausschuss legt sich selbst ad acta

Auf der letzten Sitzung des Untersuchungsausschusses zur Protokollaffäre stimmt die CDU ihre Sicht der Dinge durch: Rechtsverstöße beim Senat hat es demnach nicht gegeben. Belastet wird hingegen der SPD-Abgeordnete Böwer

Nach nur gut einer Stunde war alles vorbei. Die letzte Sitzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) zur Protokollaffäre des Senats endete gestern Abend im Zwist. Der vom unabhängigen Arbeitsstab des Gremiums vorgelegte Abschlussbericht wurde von der CDU mit ihrer Mehrheit abgelehnt. Stattdessen setzte sie eine in ihrem Sinne geänderte Fassung durch.

Die rot-grüne Opposition, die dem Bericht des Arbeitsstabes zugestimmt hatte, kann binnen sieben Tagen ein Minderheitsvotum verfassen, das dem nunmehr als offiziell geltenden CDU-PUA-Bericht beigefügt wird. Veröffentlicht wird das vorerst vertrauliche, gut 200 Seiten starke Papier erst in etwa vier Wochen. Ende August, nach einer abschließenden Debatte in der Bürgerschaft, wird die Protokollaffäre dann für ausgestanden erklärt werden.

Die gestrige Abschlussdebatte drehte sich vor allem um die Schuldfrage bei Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram, Staatsrat Volkmar Schön (beide CDU) und dem SPD-Abgeordneten Thomas Böwer. Die Senatorin hatte stets behauptet, von der illegalen Existenz vertraulicher Ausschuss-Protokolle in der Chefetage ihrer Behörde nichts gewusst zu haben.

Eine Version, die im Bericht des Arbeitsstabes nach taz-Informationen als „nicht uneingeschränkt überzeugend“ bewertet wurde. Nach der gestrigen Überarbeitung durch die CDU jedoch gilt Schnieber-Jastram als entlastet: „Es gab keine Rechtsverstöße auf Seiten des Senats“, stellte CDU-Obmann Harald Krüger zufrieden fest.

Das gelte auch für Volkmar Schön. Der Staatsrat der Senatskanzlei hatte vor dem PUA eingeräumt, vertrauliche Informationen an die Bild-Zeitung gefaxt zu haben. Nach Lesart der Union sei dies nicht zu beanstanden. Schön habe diese Unterlagen, so die Formulierung im PUA-Bericht, lediglich „in die öffentliche Diskussion eingeführt“. Nach Ansicht von SPD und GAL ist dies „Weißspülerei“.

Hingegen sei der SPD-Abgeordnete Böwer überführt, vertrauliche Dokumente an die Medien weitergegeben zu haben, stellt die CDU in dem von ihr geänderten Bericht fest. Beweise dafür hatte der Arbeitsstab jedoch nicht feststellen können.

Üblicherweise bestehen Abschlussberichte von PUAs aus einem unstrittigen Sachstandsbericht sowie unterschiedlichen Bewertungen von Mehrheit und Opposition. Dieser parlamentarische Brauch wurde gestern ad acta gelegt. SVEN-MICHAEL VEIT