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Archiv-Artikel

Berlin sucht Supertopchecker-Uni

Der Masterplan Wissenschaft sieht ein neues Institut für Spitzenforschung vor. Über die konkrete Form wird nun spekuliert. Senator Zöllner traf sich gestern zum Gespräch mit den Unipräsidenten

VON REGINA FINSTERHÖLZL UND ANTJE LANG-LENDORFF

Die Ankündigung des Senats, in Berlin ein Institut für Spitzenforschung einzurichten, hat Spekulationen über Form und Kompetenzen einer solchen Einrichtung ausgelöst. Soll es eine eigenständige Universität mit Gebäude, Personal und Lehre geben? „Die Summen sind zu klein, um sie in Beton zu gießen. Es geht darum, die Köpfe zu fördern“, sagte gestern Jürgen Mlynek, Präsident der Forschungsorganisation Helmholtz-Gemeinschaft. Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin (WZB), geht dagegen davon aus, dass tatsächlich eine „Research University“ in einem eigenen Haus entstehen wird.

Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit und Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner (beide SPD) hatten Anfang der Woche einen Masterplan vorgestellt, mit dem Berlin zu einer führenden internationalen Wissenschaftsregion ausgebaut werden soll (taz berichtete). Insgesamt wollen das Land und der Bund bis 2011 mehr als 300 Millionen Euro zusätzlich in die Offensive investieren. Teil des Plans ist auch die Gründung einer Institution, die die Spitzenforschung der Berliner Universitäten und außeruniversitären Einrichtungen bündelt.

Gestern Nachmittag traf sich Zöllner mit den Präsidenten der Universitäten, um über dieses Vorhaben zu sprechen. Sie kündigten an, die Ergebnisse heute in einer gemeinsamen Erklärung zu veröffentlichen. Im Vorfeld waren die Unipräsidenten zu keiner Stellungnahme bereit.

Das neue Institut soll nach Angaben von Zöllners Sprecherin Bärbel Schubert sowohl eigene Räumlichkeiten als auch ein eigenes Budget haben. Natürlich werde auch eine Leitung benötigt. Nach Informationen der taz ist für die Einrichtung der Name „Berlin Research University“ im Gespräch. Zur Benennung der Institution wollte sich Schubert nicht äußern.

Zunächst müsse die inhaltliche Ausrichtung geklärt werden, sagte die Sprecherin. Da es international kein Vorbild für ein solches Konstrukt gebe, werde das einige Zeit in Anspruch nehmen. Der Senat habe für dieses Vorhaben den ehemaligen Präsidenten der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), Ernst-Ludwig Winnacker, gewonnen. Bis zum Ende des Jahres soll ein Vorschlag für das Institut auf dem Tisch liegen.

WZB-Präsidentin Jutta Allmendinger begrüßte das Vorhaben des Wissenschaftssenators grundsätzlich. Sie geht davon aus, dass die Berliner „Exzellenzcluster“ des bundesweiten Elitewettbewerbs in einer solchen Institution zusammengefasst werden. Allmendinger warnte davor, dass diese Bereiche „in ihrem eigenen Saft schmoren“ könnten. „Es besteht die Gefahr, dass neue Grenzen aufgebaut werden, die schwerer einzureißen sind, weil die anderen Disziplinen nicht mehr vor Ort sind“, sagte sie gegenüber der taz.

Allmendinger bezeichnete Zöllners Plan auch als Paradigmenwechsel: „Bisher hat man versucht, außeruniversitäre Forschung wieder stärker an die Universitäten heranzubringen. Eine Research University wäre ein Schritt in eine andere Richtung.“

Jürgen Mlynek von der Helmholtz-Gemeinschaft wurde noch konkreter: Als mögliche inhaltliche Schwerpunkte nannte er „Materialwissenschaften, Biomedizin, Sozialwissenschaften und eventuell Lebenswissenschaften“. Er betonte, die Eigenständigkeit der beteiligten Institutionen müsse weiterhin gegeben sein. „Die neue Einrichtung wäre eine virtuelle. Trotzdem muss sie über ein eigenes Budget verfügen, über Gehälter, Verträge und Lehrverpflichtungen.“

Ein Streitpunkt zeichnet sich in der Diskussion schon jetzt ab: „Natürlich wäre es für eine solche Einrichtung sinnvoll, wenn man dort auch promovieren kann“, sagte gestern der Pressesprecher der Helmholtz-Gemeinschaft, Thomas Gazlig. So sieht es auch Ernst Theodor Rietschel, Präsident der Leibniz-Gemeinschaft. Bislang ist das Promotionsrecht Sache der Universitäten. Kurt Kutzler, Präsident der Technischen Universität, sagte gegenüber dem Tagesspiegel: „Wir Universitäten wissen, dass wir uns zusammenschließen müssen,um unsere Stärken auszuspielen.“ Er betonte jedoch, dass das Promotionsrecht ein Privileg der Hochschulen bleiben müsse.