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Archiv-Artikel

Senat zahlt endlich ordentlich

Nicht nur der Preis soll zählen: Wirtschaftssenator Wolf will öffentliche Aufträge künftig nur noch an Firmen geben, die Tariflöhne zahlen. Das gilt schon für einige Branchen, wird aber kaum kontrolliert

BERLINER DÜRFEN MEHR ARBEITEN

Die Beschäftigungsentwicklung in Berlin fällt weiterhin positiv aus. Im Juni gab es einen leichten Rückgang der Arbeitslosigkeit, teilte die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit gestern mit. Im Vergleich zum Vorjahr sank die Arbeitslosenquote um 1,6 Prozentpunkte auf 15,6 Prozent. Im ablaufenden Monat waren 262.841 Berliner arbeitslos gemeldet. Das sind 5.770 oder 0,3 Prozentpunkte weniger als im Mai. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten stieg im Vergleich zum Vorjahr um 28.600. Damit lag der Zuwachs bei der Beschäftigung in Berlin mit 2,8 Prozent leicht über dem Bundesdurchschnitt (2,4 %). Die meisten neuen Arbeitsplätze gab es bei der Zeit- und Leiharbeit (+ 15.100) und im Bereich Erziehung und Unterricht (+ 5.900). Von den jungen Berlinern unter 25 Jahren waren 25.100 arbeitslos gemeldet – etwa 5.600 weniger als im Juni 2006. DPA

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VON ANNA LEHMANN

Wer im Auftrag der öffentlichen Hand kocht, kellnert, repariert oder gärtnert, soll nach Tariflohn bezahlt werden. Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei) hat gestern angekündigt, die Vergabe öffentlicher Aufträge künftig an soziale Mindeststandards binden zu wollen.

Dazu soll das Vergaberecht novelliert werden. Dieses regelt zurzeit, dass Bauunternehmen sowie Gebäude- und Immobiliendienstleister, die im öffentlichen Auftrag arbeiten, ihre Mitarbeiter nach den jeweils gültigen Berliner Tarifen entlohnen müssen. Wolf will diese Auflage auf alle Branchen ausweiten und dies im Juli mit den Kolleginnen im Senat besprechen.

Die Neuregelung beträfe nicht nur Senatsverwaltungen und Bezirksämter, sondern alle öffentlichen Unternehmen, wie die Verkehrsbetriebe oder die Berliner Stadtreinigung (BSR). Die BSR hat etwa im Jahr 2006 Aufträge für insgesamt 200 Millionen Euro vergeben, ein Drittel der Summe floss an Berliner und Brandenburger Unternehmen. „Wir haben schon immer auf Tariftreue geachtet, aber es würde uns helfen, wenn das auch gesetzlich geregelt wäre“, sagt Sprecherin Sabine Thümler. Dann könnte sich nämlich kein abgewiesener Bewerber beschweren, diskriminiert worden zu sein.

Wolf weiß das Bundesverfassungsgericht auf seiner Seite. Das hatte im November 2006 bestätigt, dass der Zusatz „nicht unter Tariflohn“ in einer öffentlichen Ausschreibung zulässig sei. Auf den Deutschen Gewerkschaftsbund Berlin-Brandenburg kann der Wirtschaftssenator als natürlichen Bündnispartner ebenfalls zählen, unterstützt wird er aber auch von den Unternehmen: „Die Handwerkskammern sind hundertprozentig dafür“, sagt Stefan Schwarz, von der Gebäudereiniger-Innung Berlin.

Für Berliner Gebäudereiniger gilt ab 1. Juli ein Mindestlohn von 7,80 Euro. Viele ArbeitnehmerInnen verdienen mit Segnung der Gewerkschaften aber weniger: Für Wäscherinnen ohne Ausbildung müssen Firmen zum Beispiel nur 6,07 pro Stunde zahlen – nach Tarif. Für die Hälfte der Branchen gelten in Berlin erst gar keine Tariflöhne. So räumt Wolf denn auch ein: „Es bleibt die Lücke: Da, wo es keine Tarife gibt, können wir keinen Mindestlohn vorschreiben.“

Ein weiterer Schwachpunkt ist die mangelnde Kontrolle der Auflagen: Die „Task Force Bau“ der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung umfasst gerade vier MitarbeiterInnen, die über die Tariftreue der engagierten Unternehmen wachen sollen. Wer gegen Auflagen verstößt, wird von künftigen Aufträgen ausgeschlossen, kann aber mit falschen Angaben erschlichene noch zu Ende führen. Das kritisiert Lisa Paus, wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen. Sie fordert mehr Kontrollen und härtere Sanktionen für Firmen, die sich Aufträge erschleichen.