: Der Widerspenstigen Zähmung
Heute trifft sich der Hochschulrat der Uni Paderborn zu einer Sondersitzung. Die Mitglieder wollen Gertrud Höhler zum Rücktritt bewegen. Die hatte Büros an einen NPD-Abgeordneten vermietet
VON KATHARINA HEIMEIER
Es könnte der Showdown eines Streits werden, der die Universität Paderborn seit einigen Wochen in Atem hält: Heute um 11 Uhr treffen sich die Mitglieder des ersten nordrhein-westfälischen Hochschulrats zu einer Sondersitzung. Thema: Der Fall Gertrud Höhler.
Die ehemalige Beraterin von Altkanzler Helmut Kohl (CDU) ist selbst Mitglied im Hochschulrat und hatte diesen in die Schlagzeilen gebracht, als bekannt wurden, dass sie Räume in ihrem Geschäftshaus in Zwickau an den NPD-Politiker Peter Klose vermietet hatte. Dort hatte der Abgeordnete aus dem Sächsischen Landtag am Jahrestag der Kapitulation im Zweiten Weltkrieg sein neues Bürgerbüro eröffnet.
Neuen Diskussionsstoff wird eine Pressemitteilung von Höhlers Anwalt liefern. Der ließ am Freitagnachmittag wissen, dass Höhler zum Zeitpunkt der Vertragsunterschrift „keinerlei Kenntnis von der Tätigkeit von Herrn Klose hatte“. Die Hausverwaltung habe zu dem Sachverhalt mitgeteilt, dass Höhler „den Fakt der Fraktionstätigkeit des Herrn Klose für die NPD zum Zeitpunkt der Vertragsunterschrift nicht gekannt hat“.
Mit dieser Darstellung widerspricht Höhler nicht nur früheren Aussagen, sondern auch NRW-Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) und ihrem eigenen Hausverwalter Martin Winkler. Der hatte der Neuen Westfälischen vor Kurzem noch gesagt: „Frau Höhler hat, als sie den Mietvertrag unterschrieb gewusst, dass Peter Klose Landtagsabgeordneter der NPD ist und in den Räumlichkeiten sein Bürgerbüro eröffnen will.“ Vor zehn Tagen hatte auch Höhler in einem Telefonat mit dem Hochschulrats-Vorsitzenden Winfried Schulze eingeräumt, von den Aktivitäten des Mieters gewusst zu haben. Auf das Dementi reagierte der Münchener Historiker überrascht: „Das steht im Widerspruch zu vorherigen Äußerungen“, sagte er.
Höhler wird heute beim Treffen des Hochschulrates in Paderborn selbst dazu Stellung nehmen können. „Sie hat ihr Kommen zugesagt“, sagte der Gremiumsvorsitzende Schulze. Gemeinsam mit Wissenschaftsminister Pinkwart hatte er bisher erfolglos versucht, Höhler zum Rücktritt zu bewegen.
Vielleicht ändert sich das heute. „Ich hoffe, dass Frau Höhler auf die Argumente hören wird“, sagte Schulze. Einen kollektiven Rücktritt des Hochschulrats, wie er im Umfeld der Uni Paderborn im Gespräch ist, lehnt er ab. „Das löst das Problem nicht“, sagte Schulze. Denn: „Frau Höhler wird nicht mit zurücktreten.“ Und dann müsse Pinkwart die anderen Sitze um sie herum auffüllen.
Die Kommunikationsberaterin Höhler sieht sich unterdessen einer Kampagne ausgesetzt. Die Angriffe gegen sie seien „völlig unangemessen“. „Es geht nicht um Gerechtigkeit, es geht um Vernichtung“, sagte sie der Rheinischen Post. Ansonsten hält sie sich bei der Öffentlichkeitsarbeit in eigener Sache zurück. Das sei paradox, findet die Grünen-Landtagsabgeordnete Sigrid Beer. „Frau Höhler spricht zwar mit der RP, aber nicht mit den Hochschulangehörigen“, sagte sie.
Die Verwicklungen um Höhler sind für Beer „fast wie ein Déjà-Vu“. Anfang der 90er Jahre sorgte Höhler schon einmal für Wirbel an der Uni. Für das Foto zu einer American-Express-Werbekampgane wollte Höhler angeblich mit ihrem Pferd in einen Uni-Hörsaal reiten. Als der Rektor dies untersagte, ließ sie sich in Reitkleidung auf einem Schreibtisch sitzend ablichten – zu Füßen lag ihr Sohn Abel. Eine „absolute Luxusbiene“ sei sie gewesen, berichtete ein Zeitzeuge der Neuen Westfälischen.
Im Jahr 1987 hatte Höhler sich für drei Jahre beurlauben lassen, um Deutsche Bank-Chef Alfred Herrhausen zu beraten. Als sie zurückkehrte, wollte die Literaturwissenschaftlerin in die Wirtschaftswissenschaften wechseln. Ein Streit entbrannte, Höhler verließ letztlich die Uni.
Jetzt ist sie zurückgekehrt – nicht nur als einfache Unirätin, sondern offensichtlich auch als Mitglied in der Findungskommission, die als Nachfolger des Rektors den neuen Präsidenten der Universität wählt.