piwik no script img

Archiv-Artikel

Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Wäre die SPD schlau, ließe sie Schröder, Clement und Müntefering Vaterschaftsklagen für alle Konjunkturzahlen vortragen. Das Thema Mitarbeiterbeteiligung ist interessant – und am besten bei den Tarifparteien aufgehoben

Von SR
Sollte der menschen- rechtlich bewegte Sozialkundelehrer erwägen, die Lektionen nicht mehr in Granaten geritzt überm Schulhof abzuwerfen ?

taz: Was war schlecht in der letzten Woche?

FRIEDRICH KÜPPERSBUSCH: Ich war im Urlaub und ich habe exakt null Notruf vom Arbeitsplatz bekommen …

Was wird besser in dieser?

Feuere alle, die mich nicht vermisst haben.

Die Lage in Afghanistan spitzt sich zu. Auch der Norden, wo die Bundeswehr ist, wird Kriegsgebiet. Soll die Bundeswehr von dort abziehen?

Ja.

Manche meinen, um die horrende Zahl ziviler Opfer zu senken, müssen die westlichen Truppen weniger Luftangriffe fliegen und mehr Soldaten schicken. Ein richtiges Konzept?

Legt man die offiziellen Argumente und Begründungen für den Einsatz zugrunde, heißt diese Frage : „Sollte der menschenrechtsorientierte Sozialkundelehrer erwägen, die Lektionen nicht mehr auf Granaten gekritzelt überm Schulhof abzuwerfen? Hm-hm!“ Das rotgrüne Deutschland ist bei George Bushs Gewissensprüfung auf den plumpesten Trick von allen reingefallen: „Stell Dir vor, dein Afghane wird im Stadtpark von einem Taliban …“ und so weiter. Die korrekte Antwort heißt aber immer noch „Da regt mich ja schon die Frage auf!“

Am Mittwoch debattiert die SPD-Fraktion über den Afghanistan-Einsatz. Kann die Koalition an dieser Frage zerbrechen?

Nein, nur die SPD. Sie hat den Unsinn angerührt und sich dazu weit mehr verrenkt – Internationalismus, pazifistische und antimilitaristische Traditionslinien, die sie auch hat, zu diesem Zweck verraten. Merkel hat sogar während des Irakkrieges, den heute selbst Blair bereut, noch herumgeeiert und dafür Ohrfeigen eingesteckt – nun kann sie immerhin auf ihre durchgehende Haltung in diesen Fragen verweisen. Der legendäre Antikriegsheld Schröder hat den Afghanistan-Einsatz damals mit der Vertrauensfrage herbeierpresst, und die SPD hat vor ihm gekuscht. Das flöge ihr, wie übrigens auch den Grünen, jetzt um die Ohren. Und: verdient.

In der SPD läuft auch die Debatte um das neue Grundsatzprogramm. Kann diese Diskussion die SPD aus der Sinnkrise führen, in die sie Schröder mit der Agenda 2010 geschickt hat?

Na ja … Schröder kann es jedenfalls nicht. Clevere SPD-Öffentlichkeitsarbeit bestünde derzeit darin, Schröder, Clement, Müntefering zu allen Konjunktur- und Arbeitslosenzahlen Vaterschaftsklagen vortragen zu lassen. Wie kann man so brot sein, das zu verschenken, wenn ausnahmsweise mal genau die Effekte eintreten, die vor allem Clement in Zeitraum und Tendenz so vorausgesagt hatte? Die SPD hat doppelt Pech: den Agenda-Kurs innerlich verlassen und jetzt keinen Mumm, seine Resultate einzuklagen.

Beck & Müntefering sind auf Abgrenzungskurs zur Union – Beck hat die CDU in der FAZ neoliberal genannt. Es gibt 100.000 Jobs für Arbeitslose und ein bisschen Mindestlohn. Sind das glaubwürdige Versuche, wieder Politik für die eigenen Klientel zu machen?

Neoliberalismus taugt nicht als Benchmark, nachdem alle Parteien diesem Strohzugoldglauben verfallen waren, vorneweg die SPD. Was die SPD von einer zukunftsträchtigen Partei unterscheidet, ist, dass Letztere eine überzeugende neue Definition von „Arbeit“ hätte.

Beck und Müntefering wollen mit einem sogenannten Deutschlandfonds die Arbeitnehmer an den Gewinnen des Kapitals beteiligen. Kann das funktionieren?

Nachdem bewiesen ist, dass das Kapital die Arbeitnehmer an seinen Verlusten beteiligen kann, ist der umgekehrte Gedanke, wieder mal, fälligst. Ich sähe das Thema, wie umgekehrt den Mindestlohn, lieber bei den Tarifpartnern.

Die Union will Gewinnbeteiligungen von Arbeitnehmern an der eigenen Firma. Was ist denn davon zu halten?

Siehe oben … Ich kann ja auch nix dafür, dass die Schwarzen die gewerkschaftlichen Ideen vor den Restrostroten hüten derzeit. Der genossenschaftliche Gedanke ist in der deutschen Arbeiterbewegung so alt wie Lassalle, und die Bebelianer haben beides zur Adoption weggegeben. Die katholische Soziallehre hatte ein Einsehen damit.

Klose geht nun auch nach München. Wer kann nächste Saison die Bayern schlagen?

Die sich selbst. Und sie werden es tun. FRAGEN: SR