: Die Antwort auf alles
Schäubles „Sicherheitsgründe“ scheinen die Antwort auf alles zu sein – aber sind wir uns da auch ganz sicher?
Aufmerksame Passanten haben die beiden Autobomben in London entdeckt; in Glasgow war es Glück, dass der Anschlag auf den Flughafen nicht geklappt hat. Glück hat auch Wolfgang Schäuble, dass ihm nun wieder Mikrofone unter die Nase gehalten werden, in die er Forderungen zur inneren Sicherheit fordern darf.
Das funktioniert bei ihm wohl schon im Halbschlaf, sonst hätte er diesmal womöglich „mehr aufmerksame Passanten“ und „mehr Glück“ gefordert; stattdessen fordert er mehr Videoüberwachung und die Online-Durchsuchung sowieso.
Schäuble weiß: Sicherheit ist der ultimative Joker, auf ähnlicher Stufe wie der „Schutz von Kindern und Jugendlichen“. Wer jemals versucht hat, einen Muskelmann am Eingang davon zu überzeugen, eine Halbliter-Wasserflasche ließe sich nur schwer als tödliches Wurfgeschoss einsetzen, hat erkannt: Mit der Exekutive über Sicherheit zu diskutieren ist zwecklos.
Demonstrationsverbot in Heiligendamm? Geruchsproben von Linken? Brauchen wir wegen der Sicherheit. Vorratsdatenspeicherung? Biometrische Daten der gesamten Bevölkerung? Einschränkung von Grundrechten? Brauchen wir wegen der Sicherheit. Ein Televisor, der alle deine Bewegungen aufzeichnet, in jeder Wohnung? Brauchen wir wegen der Sicherheit. Mittlerweile gibt es in dieser Hinsicht fast keine Grenzen mehr. Das ist ja das Schöne am Terrorismus.
Leider wird die „Antwort auf alles“ („The Big Lebowski“) Sicherheit mit zunehmender Wiederholung ein wenig arg durchschaubar und langweilig obendrein. Es sei daher ein Blick nach Weißrussland empfohlen, wo sich Herr Lukaschenko unlängst eine erfrischend originelle Ausrede einfallen ließ, um den Empfang ausländischer Sender zu unterbinden: Satellitenschüsseln verschandelten das Stadtbild, deshalb müssten sie weg. Ganz neue Möglichkeiten tun sich auf: „Hier muss unbedingt eine Überwachungskamera hin, das sieht doch gleich viel besser aus!“ – „Was haben Sie denn dagegen, dass Ihnen ein Fingerabdruck abgenommen wird? Sehen Sie nur: Diese faszinierenden Formen! Diese subtilen Details!“. Schäuble – wär das nicht mal was anderes? DAVID FISCHER-KERLI