Pädagoogle lehrt besser

NETZLERNER „Wir stehen am Anfang einer Lernrevolution.“ Zwei Lehrer, die mit Wikis, Weblogs und Tablets neues Wissen kreieren

„Wenn es um das Auffinden von Quellen geht, ist Google tausendmal schneller und detaillierter als jeder Lehrer“

FELIX SCHAUMBURG

Ist Google besser als unsere Lehrer? „Jein“, sagt Felix Schaumburg. „Wenn es um Wissen und das Auffinden von Quellen geht, ist Google tausendmal schneller und detaillierter als jeder Lehrer.“ Wikipedia-Eintrag oder Primärquelle – alles in weniger als einer Sekunde. Der 32-Jährige ist selbst Lehrer für Chemie und Sozialwissenschaften an der Gesamtschule Barmen in Wuppertal. In Schaumburgs Augen ist die Aufbereitung von Wissen für die SchülerInnen damit nicht mehr die wichtigste Aufgabe der Lehrenden. „Wir müssen dazu beitragen, dass sich SchülerInnen die Fähigkeiten aneignen, das Wissen im Internet sinnvoll und kritisch zu erschließen“, sagt Schaumburg.

Womit wir beim „Nein“ des „Jein“ wären: der Medienkompetenz. Ein Zauberwort, das selbst im letzten Kultusministerium der Republik in aller Munde ist, für dessen ernsthafte Vermittlung es aufgrund starrer Lehrpläne aber Einzelkämpfer wie Felix Schaumburg braucht. Oder Maik Riecken.

Riecken unterrichtet Chemie und Deutsch am Clemens-August-Gymnasium in Cloppenburg. Der 37-Jährige nennt sich selbst einen Sonderling. Und das, obwohl er Dinge tut, die für seine Schüler längst selbstverständlich sind. Sie sind im Netz zu Hause. Riecken stellt Arbeitsblätter und Hausaufgaben auf den schuleigenen Server – eine Cloud, wenn man so will. Dort können die Schüler diese abrufen und sich gleich noch untereinander austauschen. Für Riecken sollen die neuen Medien das Lernen vor allem effizienter gestalten. Lernen 2.0 sei nicht automatisch besser als Lernen 1.0. Richtig angewandt bringe es eindeutig Vorteile: Abschreiben? In Rieckens Unterricht passé! Per „Google Docs“, einem Online-Textverarbeitungsprogramm, lässt er seine Schüler gleichzeitig miteinander an einem Dokument arbeiten. „Ich brauche die Köpfe meiner Schüler, statt ihre Stifte auf Papier“, sagt Riecken. Sein nächstes Experiment: Im neuen Schuljahr möchte er die Schüler seines Deutsch-Leistungskurses den Unterricht mit einem Weblog begleiten lassen.

Auch die Enquetekommission des Bundestags „Internet und digitale Gesellschaft“ hat die Wichtigkeit des Themas erkannt: Sie möchte so schnell wie möglich jeden Schüler mit einem Laptop ausgestattet sehen. Bis sich derlei Empfehlungen durchsetzen, müssen Schaumburg und Riecken noch ein paar Niederlagen einstecken. Aber was kümmert es die beiden Netz-Avantgardisten. Sie bringen sich vorsorglich in Stellung – denn eins wissen sie: „Wir stehen am Anfang einer Lernrevolution.“ LU