: Die permanente Revolte
Heute beginnen im 3001 die 8. Spanischen Filmtage unter dem Motto „Transiciones“ – Übergänge. Bis zum 18. Juli laufen sieben Spiel- und Dokufilme sowie ein Kurzfilmprogramm, alles in spanischer Originalfassung mit Untertiteln
Heute beginnen im Kino 3001 die achten Spanischen Filmtage – diesmal unter dem Motto „Transiciones“. Ist in Spanien von „Transición“ die Rede, so ist der Übergang von der Diktatur nach dem Tod des „Caudillo“ Francisco Franco Ende 1974 zur konstitutionellen Monarchie gemeint. Die letzten Jahre der Diktatur waren von einem radikalen linken sozialen Aufbegehren geprägt – und vom Willen des franquistischen Staates, dieses abzuwehren und sich selbst möglichst unbeschadet in eine Demokratie zu transformieren.
Eröffnet werden die Filmtage heute Abend mit dem packenden Dokumentarfilm „Llach: La revolta permanent“. Dieser verknüpft zwei Erzählstränge. Am 3. März 1976 gab es einen Generalstreik für Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und mehr Lohn. In einem Stadtteil von Vitoria – oder Gasteiz, wie die Stadt auf baskisch heißt – umstellte ein massives Polizeiaufgebot eine Streikversammlung in einer Kirche, warf Tränengasgranaten hinein und eröffnete das Feuer auf die aus der Kirche Strömenden. Zeitzeugen schildern die Ereignisse: Wie hunderte Patronenhülsen gefunden wurden; wie sie damals die Belagerung durch die paramilitärische Polizei erlebten, die fünf Demonstranten erschoss. Es gab über 100 Verletzte, in der ganzen Stadt wurden aus Protest und als Schutz vor der Polizei Barrikaden errichtet. Der Film zeigt bewegende Bilder der Beerdigungen, bei denen Tausende die Särge geleiten – am Rand stehen Polizisten mit Gewehr.
Der katalanische Sänger Lluis Llach hat über dieses Massaker eines seiner bekanntesten Lieder geschrieben: „Campanadas a morts“, Glocken für die Toten. Er spricht über die Verbote seiner Lieder, seine Jahre im Exil, über den Aufbruch der 70er Jahre: „Ich glaube, dass die Revolte etwas absolut Notwendiges ist, auch wenn wir Gescheiterte sind.“ Höhepunkt des Filmes ist sein Gedenkkonzert zum 30. Jahrestag des Massakers von Vitoria am 3. März 2006, auf dem er „Campanadas a morts“ mit Orchesterbegleitung singt – und den Opfern das Mitgefühl und die Anerkennung gibt, welche der spanische Staat bis heute vermissen lässt.
Lluis Llach ist auch der Komponist und Sänger der musikalischen Themen von „Salvador“, der ebenfalls gezeigt wird. Dieser Spielfilm ist so dramatisch wie die realen Ereignisse, auf welchen er basiert. Salvador Puig Antich war Mitglied der MIL-GARI, der „Iberischen Befreiungsbewegung – Gruppen der internationalistischen revolutionären Aktion“, die die „autonome Selbstorganisation der Ausgebeuteten“ propagierte. Er wurde nur 24 Jahre alt, am 2. März 1974 wurde der zum Tode Verurteilte mit der Garrote erwürgt. Bei seiner Festnahme in einem Hinterhalt der Polizei war es zu einem Handgemenge gekommen, bei dem ein Polizist durch Schüsse starb. Obwohl Puig seine Pistole zuvor abgenommen worden und er bewusstlos war, wurde er von einem Militärgericht zum Tode verurteilt. „Salvador“ zeigt die dramatische Zuspitzung, nachdem Puig zum Tode verurteilt wurde und sich eine große Bewegung gegen seine Hinrichtung bildete. Er zeigt „das Leben eines Jugendlichen, der sich sehr bewusst für den Kampf für die Freiheit entschied, bis zur letzten dramatischen Konsequenz“, sagt der Regisseur des FIlms, Manuel Huerga. Puig nennt er das „Symbol einer Generation“.GASTON KIRSCHE
Do, 5. 7.–Mi, 18. 7., 3001, Schanzenstraße 75 (im Hof); Infos und Programm: www.cinelatino.de