KURZKRITIK: JAN ZIER ÜBER „BELLEVILLE“ AM THEATER BREMEN : Melonenduft & Rattenkotze
Der Abend habe „Konzertcharakter“ warnt ein Schild am Eingang zum Tanztheater. Weswegen für „Belleville“, der neuen Produktion des Choreografen Samir Akika, gleich Ohrenstöpsel verteilt werden.
Ganz so schlimm ist es dann doch nicht. Auch wenn die beiden Musiker Martin Basman und jayrope natürlich wieder live auf der Bühne spielen. Das Stück ist sogar – und das ist bei Akika keineswegs selbstverständlich – stark auf Tanz ausgerichtet. Seine Kompanie „Unusual Symptoms“ wird dafür von sechs TänzerInnen aus Russland, Nigeria und Indien ergänzt. Die elf großartigen KünstlerInnen bilden ein harmonisches Ensemble – bei dem das Individuum klar erkennbar bleibt. Ihre Sprachen dienen immer wieder als Rythmusgeber, auch wenn man sie nicht versteht.
„Belleville“ feiert die Kraft des Zufalls und zeigt in fünf Bildern Begegnungen an einem virtuellen Ort, an dem für Melonenduft genauso Platz ist wie für Rattenkotze, für Glück ebenso wie für das Scheitern. Dennoch erzählt das zweistündige Stück keine echte Geschichte, sondern eröffnet eher einen assoziativen Raum für das eigene Kopfkino.
Am Ende ist „Belleville“ ein echter Akika – und eine Weiterentwicklung dessen. Eine ungemein fokussierte, stimmige Arbeit. Bestes Tanztheater also.
Wieder am: 5. Dezember, 20 Uhr