„Blut, Fett, Urin“

VORTRAG Knochenreste von 1300 geben Hinweise auf das mittelalterliche Leben in Bremen

■ 48, Diplom-Biologe, analysiert Knochenfunde aus archäologischen Grabungen aus Bremen und anderen Frundstellen

taz: Herr Küchelmann, steht der Bremer Roland auf einem Leichenberg?

Christian Küchelmann: Bei Ausgrabungen im Jahr 2002 fand man über 6.000 Knochen in den tieferen Schichten, die aus der Zeit um 1300 nach Christus stammen, aber auch aus der karolingischen Zeit der Stadtgründung . Aber keine ganzen Skelette.

Ein Blutbad auf dem Markt?

Nein, es sind Überreste von Vieh und Fragmente von Haustierknochen, eben dem alltäglichen Leben.

Die Knochen blieben erhalten?

In dem tonigen, feinkörnigen Boden herrscht Sauerstoffmangel, der die Zersetzung verlangsamt. So halten sich Knochen manchmal länger als Eisen.

Was können Sie daraus ablesen?

Sie stammen von Rindern, Schafen, Schweinen. Aber auch von Nagetieren und Wildtieren. Durch deren Lebensraum lässt sich vermuten, dass um Bremen einst mehr Wälder und Sumpfgebiete lagen. Viele Knochen von jungen Schafen zeugen eher von Fleischproduktion, die älterer Schafe eher von Woll- und Milchproduktion.

Wie kommen die alle dahin?

Viele Knochen waren ungewöhnliche abgerundet, hatten Kratzmuster. Sie waren ölig und fettig und überzogen von einer Suppe, über die man nicht nachdenken möchte.

Interessant…...eine Mischung aus Blut, Fett, Urin – mit den Knochen wurde vermutlich das Pflaster ausgebessert.

Sie haben keine Berührungsängste?

Nein. Ich finde Knochen spannend, sie sehen auch schön aus, sind ein ästhetischer Genuss.

Interview: JPB

19 Uhr, Focke Museum