: Alternative Kulturhalle sucht neuen Boden
Die Selbstuniversität steht vor dem Aus: Das Bezirksamt Mitte hat die Halle des Kulturvereins geschlossen, weil Genehmigungen fehlen
Das Aus für die Selbstuni kam über Nacht: Gegen Mitternacht, vom 22. 6. auf den 23. 6., kontrollierte die Bauaufsicht des Bezirksamts Mitte gemeinsam mit der Polizei die sogenannte Raumerweiterungshalle an der Ecke Bernauer/Brunnenstraße. Der Verein hatte an diesem Abend einen Film gezeigt, nur noch wenige Gäste waren anwesend.
Jetzt muss sich das Projekt, das alternative Kultur anbietet, einen neuen Platz für seine transportable Halle aus DDR-Zeiten suchen, denn noch in der selben Nacht wurde sie geschlossen. Nun wurde auch der Mietvertrag zum 31. August gekündigt. „Wir wurden davor nicht kontaktiert oder zur Schließung aufgefordert.“ sagte Benjamin Cölle vom Verein Selbstuniversität e. V. „Wir dürfen die Halle nicht mehr betreten.“ Es sei ihnen auch nicht genau mitgeteilt worden, womit die Schließung gerechtfertigt werde, so Cölle. Das Amt habe von einer Baurechtsänderung gesprochen.
Doch das dementiert die Bauaufsicht. Es gehe nicht um eine Gesetzesänderung, sondern das ganze Projekt sei nicht genehmigt und deswegen geschlossen worden. „Es fehlte der Stromanschluss, das Gebäude auf dem Gelände war nicht genehmigt, und der Kneipenbetrieb auch nicht“, sagte Karl Friedrich Metz, Leiter der Bauaufsicht Mitte, gestern zur taz. Vom Lärm gestörte Anwohner machten das Amt auf das Projekt aufmerksam. „Die nächtliche Begehung diente einer Kontrolle, wir mussten feststellen, was dort tatsächlich passiert“, sagte Metz.
Der Verein veranstaltet seit Jahren in der Raumerweiterungshalle Ausstellungen, Performances, zeigt private Filmproduktionen oder bietet Workshops an. Dabei legt der Verein großen Wert darauf, dass diese Kultur unkommerziell bleibt: „Kultur kostet oft viel Geld, bei uns sind die Veranstaltungen umsonst oder billig, sagt Vereinsmitglied Lydia. Es sei fast unmöglich, alle Auflagen zu erfüllen und dabei noch den unkommerziellen Anspruch halten zu können.
Die Halle steht auf dem ehemaligen Mauerstreifen seit fünf Jahren, Vermieter war zuerst der Bezirk und seit einem Jahr der Liegenschaftsfond Berlin. Dort wusste man zwar auch von Beschwerden der Anwohner, erfuhr aber erst im Nachhinein von der Kontrolle und der Schließung der Halle durch das Bezirksamt, so Pressesprecherin Anette Mischler. Daraufhin habe man sich für eine Kündigung entschlossen.
Beim Verein ist man darüber natürlich nicht begeistert. Seit Jahren schon nutze man die Halle und habe bisher nie vom Bauamt des Bezirkes gehört. Man habe den Eindruck, dass es um Ästhetik und Image geht, so der Verein: Die Halle sehe einfach nicht schick genug aus für eine Selbstrepräsentation Berlins als neue deutsche Hauptstadt. „Dabei ist doch das einzigartige an Berlin sein alternatives Flair, und unkommerzielle Kultur gehört hier einfach dazu, ist hier historisch gewachsen.“, sagt Vereinsmitglied Robert. Die Halle ist nicht das einzige illegale Projekt, das bedroht ist, in Mitte geht das Amt immer härter gegen illegale Kneipen und Clubs vor, die Razzia im autonomen Zentrum Köpi war nur ein Beispiel (taz berichtete).
Die Halle muss jetzt bis Ende August eine neuen Standort gefunden haben. „Wir suchen jetzt eine andere Brachfläche, die wir zur Zwischennutzung überlassen bekommen. Das ist für uns die einzige Möglichkeit, wie wir weiterhin unser unkommerzielles Projekt betreiben können“, sagt Cölle. Dazu ist der Verein fest entschlossen.REGINA FINSTERHÖLZL