: Er hat gerammelt
WINTERSPORT Sie haben die ARD-Übertragungen am Samstag und Sonntag verpasst? Hier die Zusammenfassung der Ereignisse mit Erik Lesser, Claudia Pechstein, Tatjana Hüfner und US-Girl Lindsay Vonn
VON MARKUS VÖLKER
Es war wieder verdammt viel los auf den Pisten und Schanzen, in den Loipen und Eiskanälen. Um nichts zu verpassen, haben wir den Wintersportlern auf dem Spartenkanal ARD zugeschaut. ARD wie anbiedernd, ranschmeißerisch und devot. Wir erfahren gleich: „Die deutschen Ski laufen gut.“ Es geht ziemlich durcheinander, einmal sind wir in Lillehammer, dann in Lake Louise, Beaver Creek, Berlin-Hohenschönhausen, Lake Placid oder Östersund. Es ist schwer, den Überblick zu behalten, auch was die Sportarten angeht. Aber so viel steht fest: Der deutsche Ski läuft. „Die Servicemänner haben perfekt gearbeitet.“
Igitt-Dopingredaktion
Und dieser Russe da, der auf Kufen steht und noch recht jung ist, der hat sich urplötzlich in die Weltspitze „gebombt“. Das ist höchst verdächtig, gerade nach der aktuellen ARD-Doku über diese Doping-Russen. „Unsere“ Doku, sagt der ARD-Sprecher. Das ist neu. Früher waren diese Doping-Dokus von „denen“, von dieser Igitt-Dopingredaktion des Westdeutschen Rundfunks. Früher hat man sich auch schon mal entschuldigt für diese Dokus, zum Beispiel im Jahr 2008 ein gewisser Michael Antwerpes (ARD) bei deutschen Biathleten. Immerhin: Das deutsche Gewehr schießt gut. Mit dem Blut ist auch alles okay. Sogar bei Claudi.
Aber siehe da: Der Russe gewinnt gar nicht, sondern ein Deutscher. Die deutschen Kufen laufen gut, sehr gut sogar. Auf Sahneeis. Wie kann ein Deutscher gegen ein russisches Dopingmonster gewinnen? Hm. Hartes Training wahrscheinlich. Franziska Schenk (ARD) freut sich wie narrisch über den Sieg der Deutschen. Sie hat „mitgefiebert wie selten“, sagt sie.
Rüber in den Schnee. Ein Athlet mit Schießgewehr auf dem Rücken hat ein Mikrofon vor der Nase und sagt entschuldigend: „Ich habe die ganze Zeit gerammelt, ich weiß auch nicht.“ Der ARD-Fragerin geht der Satz runter wie warmer Jagatee. Sie macht unbeeindruckt weiter – und rammelt sich durch die Fragen. Wir erfahren: Nicht immer und überall läuft der deutsche Ski gut. Alles eine Frage der „Techniker“, die im Wachs rühren und Skier „bügeln“. Wir schalten wieder rüber. Von hier nach dort. Mal scheint die Sonne, mal nicht. Die Anzüge der Sportler sind immer eng und bunt und übersäht mit Logos. Ihr Atem raucht in der kalten Luft.
Wie schön ist das anzusehen im behaglichen Wohnzimmer, vom Sofa aus. Die Moderatoren sind alle sehr gut gelaunt, vielleicht weil sie dort sind, wo andere Leute für teures Geld Winterurlaub machen. Sie bekommen sogar Geld dafür. Das machen sie den ganzen lieben langen Winter lang – in Nordländern herumstehen und den Deutschen zu Hause sagen, dass der deutsche Ski gut läuft. Oder der Bakken tückisch ist. Oder die Kompression gefährlich.
Für die paar Millionen Deutschen, die das Wintersportwochenende der ARD nicht sehen konnten, fassen wir die Ereignisse kurz und knapp zusammen: Lindsay Vonn, die Rückkehrerin, gewinnt mit ihrer Partnerin Mikaela Shiffrin Gold im Doppelsitzer in der Eisrinne von Lake Placid. Ihr Schlitten lief einfach gut. Hacklschorsch hatte ihr vorm zweiten Lauf noch ein paar gute Tipps gegeben. Das US-Duo distanzierte Claudia Pechstein um Längen, die eindeutig verwachst hatte und auch die aerodynamische Position nicht bis ins Ziel halten konnte. Außerdem kam sie mit ihrer Partnerin Stephanie Beckert gar nicht zurecht, vor allem beim Anschub.
Northug auf Abwegen
Erik Lesser hat auf der Schanze von Beaver Creek alles gegeben, aber beim zweiten Stehendschießen ballerte er leider zweimal daneben, weswegen Bundestrainer Hermann Weinbuch Konsequenzen ankündigte. Nico Ihle hat dagegen beim Super-G in Östersund alle überzeugt, sogar die Wertungsrichter, die ihm fast alle eine 20 für seine perfekte Haltung gaben. Der Sachse gewann das Rennen völlig überraschend vor Kjetil Jansrud und Petter Northug, der seinen dritten Platz ausgiebig mit einer Alkoholfahrt ins Sportforum Hohenschönhausen feierte. Bei der Nordischen Kombination in Lillehammer gewann Erik Frenzel, der in dieser Saison mit seinen Klappschlittschuhen besser zurechtkommt. Und am Schießstand bekommt er auch nicht mehr diese blöde „Nähmaschine“, die zu Fehltreffern führt.
Tatjana Hüfner, die Schlittenfahrerin, will nach einem enttäuschenden dritten Platz nun zu den Bobanschiebern wechseln; tief genug ist ihre Stimme ja jetzt schon. Viel mehr ist nicht passiert. Nächste Woche ist dann das ZDF dran. Es wird sicherlich wieder „gigantisch“ (ARD).