: Berliner wollen nicht sauber werden
Obwohl immer mehr Strom aus erneuerbaren Energien angeboten wird, satteln Berliner Verbraucher nur sehr zögerlich auf sauberen Strom um. Der rot-rote Senat will erst 2008 mit einem neuen Energiespargesetz nachhelfen
Während Stromlieferanten und Politik versuchen, sich auf einen vernünftigen Umgang mit dem Thema regenerative Energien zu einigen, hapert es bei der Akzeptanz in der Bevölkerung. Liegt die bundesweite Nachfrage nach Ökostrom laut VDEW bei 2 bis 3 Prozent, sehen die Zahlen bei dem Berliner Stromanbieter Vattenfall noch schlechter aus. Von den 1,7 Millionen Berliner Privat- und Gewerbekunden hatten Anfang 2007 nur knapp 10.000, also weniger als 1 Prozent, den Tarif „Öko Pur“ gewählt, der eine Stromversorgung aus rein regenerativen Quellen gewährt. „Und über diese Zahl freuen wir uns schon, das ist gegenüber den Anfangsjahren schon ein großer Fortschritt“, sagt Vattenfall-Sprecherin Barbara Meifert.
Warum der Anteil von Ökostromnutzern so relativ gering ist, kann sie sich nicht erklären. „Ökostrom ist gar nicht viel teurer, meistens geht es nur um ein paar Euro im Jahr“, sagt Meifert. „Die Verbraucher haben das anscheinend noch nicht verinnerlicht.“ Dabei sei das Interesse der Bevölkerung an erneuerbaren Energien eigentlich groß, betont die Vattenfall-Sprecherin.
Einer im April vom Magazin Stern veröffentlichte Umfrage ergab, dass mehr als die Hälfte der Bundesbürger bereit sind, auf Ökostrom umzusteigen, auch wenn sie dafür mehr bezahlen müssten. „Der Schritt von der Bereitschaft bis zum tatsächlichen Wechsel ist offenbar sehr groß“, vermutet Meifert.
Anfang dieses Monats präsentierte der Verband der Elektrizitätswirtschaft (VDEW) die neuesten Zahlen über den Anteil erneuerbarer Energien im deutschen Stromhaushalt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Die Stromversorgung aus regenerativen Quellen ist von bundesweit 9,7 Prozent im vergangenen Jahr auf 13,3 Prozent im ersten Halbjahr 2007 angestiegen. Um die drei gleichrangigen Ziele des VDEW – sichere Versorgung, Klimaschutz und bezahlbare Preise – weiterhin zu gewährleisten, seien neben den erneuerbaren Alternativen weiterhin Kohle, Gas und Atomenergie von großer Bedeutung, betont eine VDEW-Sprecherin: „Die Mischung macht’s.“
Bei diesem Energiemix könnte sich in Berlin im kommenden Jahr etwas ändern. Nach Baden-Württemberg könnte sich dann auch die Hauptstadt ein neues Energiespargesetz geben, in dem sich das Land verpflichtet, einen gewissen Anteil seines Strom- und Wärmeverbrauchs aus erneuerbaren Energien zu decken. Eine Änderung des seit 1990 bestehenden Gesetzes sei seit längerem fällig, urteilt Benjamin Hoff, Staatssekretär für Umwelt. „Aber weil die Novellierungen durch den Bund Anfang 2008 Jahres anstehen, halten wir es nicht für sinnvoll, vorher landesspezifische Änderungen durchzusetzen“, sagt Hoff.
Vergangene Woche wurde das größte Solarstromprojekt der Hauptstadt vorgestellt. Auf mehr als 20 Dächern sollen Photovoltaikanlagen installiert werden. Eine gute Sache, findet auch der VDEW. „Ein deutscher Solaranlagenbauer sollte aber auch gefördert werden, wenn er seine Anlage in einem sonnenreichen Land wie Portugal oder Spanien bauen will“, ergänzt die Sprecherin.
NANA GERRITZEN