Merkel fehlen die Worte

SCHWEIGSAM Zu den fremdenfeindlichen Protesten auf den Straßen und der rechten Konkurrenzpartei AfD sagt die Kanzlerin auf dem CDU-Parteitag: nichts. Doch eines ist ihr ganz wichtig: der Schutz verfolgter Christen

DRESDEN/KÖLN taz | Einen Tag nach der bisher größten Demonstration der „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) mit rund 10.000 Teilnehmern am Montag in Dresden haben zahlreiche Bundespolitiker Kritik an fremdenfeindlichen Parolen geäußert. „Alle politischen Parteien sollten sich klar von diesen Protesten distanzieren“, sagte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD). Doch eine sah dafür am Dienstag keinen Anlass: Bundeskanzlerin Angela Merkel. In ihrer Rede auf dem CDU-Parteitag in Köln ging sie weder auf Pegida noch auf die neue rechte Konkurrenzpartei AfD ein.

Auch die von vielen Demonstranten infrage gestellte Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland streifte Merkel nur am Rande. Ausdrücklich lobend erwähnte sie jedoch das Engagement für den Schutz von verfolgten Christen: „Da, wo Christen verfolgt sind, kann die CDU nicht schweigen.“ Während Merkel zu den Antiflüchtlingsdemos schwieg, fand Innenminister Thomas de Maizière (auch CDU) deutliche Worte. Die Aktionen der Pegida seien eine „Unverschämtheit“, sagte er. „Wir haben keine Gefahr der Islamisierung, schon gar nicht in Sachsen und Dresden mit 2,2 Prozent Ausländern.“

Kritisch zu den Pegida-Demos äußerten sich auch Politiker von Grünen, Linke und SPD. „Pegida macht auf unsägliche Weise Stimmung gegen Ausländer in Deutschland“, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann.

AfD-Parteichef Bernd Lucke hingegen äußerte Verständnis für Pegida. Die Sorgen vor einer Ausbreitung von islamistischem Gedankengut seien berechtigt. Doch die AfD ist sich da nicht einig: Während Bundessprecher Konrad Adam sagte, er könne sich gut vorstellen, an einer Pegida-Demo teilzunehmen, riet AfD-Vize Hans-Olaf Henkel von einer Teilnahme ab. Es sei nicht auszuschließen, dass die Proteste einen ausländerfeindlichen oder rassistischen Beigeschmack bekämen, so Henkel. LKW

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