: Gullydeckel zu Schrottpreisen
Rund 20 „Straßenregenabläufe“ sind seit dem Wochenende verschwunden. Die Polizei geht von einfachen Diebstählen aus. Die Roste bringen auf dem Schwarzmarkt rund sechs Euro pro Stück
VON PLUTONIA PLARRE
Die mysteriösen Taten reißen nicht ab. Erst werden reihenweise Auto angezündet, dann wird aus Reifen zahlreicher Fahrzeuge, die wegen ihres hohen CO2-Ausstoßes als Klimakiller gelten, die Luft rausgelassen. Und nun die Gulliroste: Seit dem vergangenen Wochenende sind in Berlin rund 20 sogenannte Straßenregenabläufe verschwunden. Anders als im Falle der Autos geht die Polizei jedoch nicht von einer politisch motivierten Straftat aus, sondern von Diebstahl zur individuellen Bereicherung.
Ende 2006 habe es bereits eine ähnliche Diebstahlsserie gegeben, erinnert sich der Sprecher der Wasserbetriebe, Eike Krüger. Damals waren die Täter vor allem in Tempelhof-Schöneberg am Werk. Diesmal sind Reinickendorf, Wedding sowie Pankow die Schwerpunkte. Die Gulli-Gitter wiegen rund 40 Kilo und sind aus Eisenguss. „Die Diebe klauen die Dinger bestimmt nicht, um sie sich als Sammlerstücke an die Wand zu hängen oder um Bratwürste darauf zu grillen“, ist Krüger überzeugt. „Vielmehr werden sie bei den Schrotthändlern versilbert.“
Der derzeitige Marktpreis für Stahlschrott liegt bei 140 bis 150 Euro pro Tonne. Macht rund sechs Euro pro Rost. Der Neupreis beträgt 35 Euro. Laut Krüger gibt es davon 215.000 in ganz Berlin.
Ein Schrotthändler, der geklaute Gullis kauft, macht sich allerdings strafbar. Schließlich handelt es sich um öffentliches Eigentum. „Traurig, dass es Händler gibt, die so was mitmachen“, findet Krüger.
Öffentlich zugeben würde das natürlich keiner. Ohne Entsorgungsbescheinigung der zuständigen Behörde dürfe kein Eigentum der Stadt als Schrott entgegengenommen werden, sagt ein Schrotthändler auf Nachfrage. Leute, die ihm so etwas anböten, würde er vom Hof jagen. „Für die paar Euro mache ich mir doch nicht die Finger schmutzig.“ Eine Schrotthändlerin bestätigt: „Ich nehme nichts an, was der Stadt gehört.“ Vom Hörensagen wisse sie aber, dass andere in der Branche das nicht so eng sähen. „Es soll Schrottplätze geben, auf denen sogar geklaute Eisenbahnschienen verhökert werden.“
Ein Rost-Dieb ist immerhin gefasst worden. Der Mann, ein 23-jähriger gebürtiger Bulgare, war am Samstag von Zeugen dabei beobachtet worden, wie er einen Gullydeckel von der Straße auf einen Lkw hob. Die Polizei stellte in der Umgebung insgesamt sechs fehlende Gullydeckel fest. Der Mann gab zu, die Abdeckungen an einen Schrottplatz verkauft zu haben. Dort wurden sie auch gefunden.
Der Diebstahl der Roste sei nicht nur ärgerlich, sondern auch gefährlich, sagt Krüger. Ein 24-jähriger VW-Fahrer blieb am Montag mit einem Vorderrad in dem offenen Schacht hängen. Besonders risikoreich ist das 40 mal 40 Zentimeter große Loch für Radfahrer und Fußgänger.