: Der Jetsetter unter den Käfern
Diabrotica virgifera virgifera, der westliche Maiswurzelbohrer, ist der größte Maisschädling in den USA und Teilen Osteuropas. Jetzt ist er auch in Deutschland eingereist – mit dem Flugzeug FOTO: ARCHIV
In den USA heißt er nur „der Eine-Milliarde-Dollar-Käfer“. Denn so viel kostet der westliche Maiswurzelbohrer, auch Diabrotica virgifera virgifera genannt, die Landwirte dort jährlich: Das meiste geben sie für Insektizide aus, der Rest sind die Ernteausfälle, die der Schädling verursacht. Für Agrochemiekonzerne wie Syngenta oder Bayer CropScience ist es also sehr interessant, wenn sich der ursprünglich in Mittelamerika beheimatete Käfer auch in andere Regionen ausbreitet. In Europa ist er bereits angekommen, nur Deutschland blieb bislang verschont. Nun blicken die Agrochemie-Verkäufer gespannt in Richtung des badischen Ortenaukreises: Dort ist jetzt erstmals ein Exemplar in eine der Phermonfallen getappt, die das Land Baden Württemberg als eine Art Frühwarnsystem aufgestellt hat.
Gekommen ist der Eindringling – ein einzelner männlicher Käfer – offenbar ganz standesgemäß: mit dem Flugzeug über den Flughafen Lahr. Diese Reisemöglichkeit nutzt der Maiswurzelkäfer spätestens seit den 1990er-Jahren, als er auf diesem Weg bequem über den Atlantik gelangte. Ohne moderne Transportmittel, zu denen auch die Bahn und Lastwagen zählen, käme er in einem Sommer gerade mal 100 Kilometer weit – in einem dicht mit Mais bestelltem Gebiet.
Der Käfer ist nicht größer als fünf bis acht Millimeter und grünlich-gelb gefärbt. Die Weibchen legen im Hochsommer jeweils bis zu 1.000 Eier etwa 30 Zentimeter tief in die Erde um die Maiswurzeln herum. Kalte Winter mit Temperaturen von minus zehn Grad überleben diese nicht. Nach wärmeren schlüpfen die Larven im Frühjahr und fressen sich durch Wurzeln und Stengel.
Für den Landwirt ist der Befall am sogenannten Gänsehals zu erkennen: Der angeknabberte untere Teil der Pflanze kann das Gewicht nicht tragen und knickt ein, während sich der obere Teil aufrichtet und gerade weiterwächst. Irgendwann fällt der Mais ganz um, eine Ernte ist kaum noch möglich.
Andere Pflanzen sind für den Maiswurzelbohrer vollkommen uninteressant. Schlüpfen die Larven in einem Feld ohne Mais, verhungern sie. Schon eine zwei- bis dreijährige Fruchtfolge kann den Maiswurzelbohrer somit ausrotten oder zumindest unter Kontrolle halten. Bei den immer weiter verbreiteten Monokulturen helfen allerdings nur Insektizide wie Clothianidin oder auch Pyrethroide, die als hochgiftig eingestuft werden.
Im Ortenaukreis will man nun aber schnell handeln, wie es eine EU-Leitlinie aus dem vergangenen Jahr und der baden-württembergische Notfallplan auch vorsehen: In einem Umkreis von einem Kilometer um die Falle wird also erst einmal gesprüht. BEATE WILLMS