: Ruhe bitte!
Hamburgs Straßen sind zu laut. Rund 120.000 Menschen leiden unter Dauerlärm. Das gibt der Senat in seiner Antwort auf eine Anfrage der Grünen zu. Die fordern deshalb die Lärmsanierung der Stadt
VON SVEN-MICHAEL VEIT
In Hamburg ist es viel zu laut. An nahezu allen Hauptverkehrsstraßen werden die zulässigen Höchstwerte fast durchgängig überschritten. Aber auch viele Anwohner des Flughafens Fuhlsbüttel und des Hafens sind zeitweise überhöhtem Lärm ausgesetzt. Das ist das Ergebnis der gestern veröffentlichten Senatsantwort auf eine parlamentarische Anfrage des GAL-Umweltpolitikers Christian Maaß. Die Hansestadt sei ein Lärm-Sanierungsfall, befindet dieser.
Nach Angaben des Senats sind rund 120.000 Menschen in Hamburg tagsüber Dauerlärm von mehr als 60 Dezibel ausgesetzt, nachts immerhin noch fast 50.000. Der Lärm entsteht zu mehr als 90 Prozent durch den Straßenverkehr. 60 Dezibel ist die so genannte „Stressgrenze“. Oberhalb dieses Wertes bestehen erhöhte Gesundheitsrisiken bis hin zum Herzinfarkt. Als unschädliche Obergrenze in Wohngebieten gelten 45 Dezibel tagsüber und 35 Dezibel in der Nacht.
Maaß fordert nun vom Senat ein umfassendes Lärmsanierungsprogramm. Denn nach den entsprechenden Richtlinien der Europäischen Union sind Kommunen verpflichtet, die Anwohner an zu lauten Straßen durch Lärmschutzmaßnahmen vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu schützen. Sonst drohe Hamburg ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof und hohe Zwangsgeldzahlungen, sagt Maaß.
Wichtigster Punkt bei der Verminderung von Straßenlärm sei es, so der grüne Forderungskatalog, Autofahrer zum Umsteigen auf das Fahrrad oder zur Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel zu bewegen. Dafür müssten die zumeist miserablen Hamburger Radwege überhaupt verkehrstüchtig gemacht sowie das Radwegenetz erweitert werden.
Außerdem erneuert die GAL ihre Forderung nach dem Bau eines modernen Stadtbahnnetzes. Diese könnte vor allem zur Erschließung von Stadtteilen dienen, die bislang nicht vom S- und U-Bahnnetz erreicht werden. Entsprechende rot-grüne Pläne für ein Stadtbahnnetz zwischen Lurup, Steilshoop und der Innenstadt waren 2001 vom ersten Schwarz-Schill-Senat umgehend in den Papierkorb geworfen worden. Dieses sowie weitere Verbesserungen des HVV-Angebots sollten mit den Einnahmen aus einer „City-Maut“ finanziert werden.
Zu den weiteren Vorschlägen gehört auch die Umsetzung des in den Niederlanden erprobten Konzepts „Shared Spaces“. Dafür sollen an geeigneten Stellen die Bürgersteige verschwinden und Straßen und Kreuzungen zu belebten Plätzen umgestaltet werden, die dann von allen Verkehrsteilnehmern gleichberechtigt genutzt werden können.
Ein Deckel über der A 7 in Othmarschen/Bahrenfeld, Schallschutzwände und so genannter Flüsterasphalt an besonders belasteten Straßen sollen für weiteren Lärmschutz sorgen. Und innerhalb des Ring 2 solle eine Grüne Welle bei Tempo 40 eingerichtet werden sowie auf allen Neben- und Wohnstraßen Tempo 30 gelten.
Denn ohne eine Zügelung des Autoverkehrs, so liest Maaß aus dem Zahlenwerk des Senats heraus, werde die Stadt mit dem EU-Recht in teure Konflikte kommen.