Tempelhof soll Spielwiese werden

Eine Bürgerinitiative fordert Zutritt zum Tempelhof-Areal und will im Herbst einen Tag des offenen Flugfeldes veranstalten. Parteien und Verkehrsbehörde finden die Idee gut und prüfen sie. Bekommen auch Schafe eine Chance?

Kalter Krieg am Tor 10 des Flughafens Tempelhof. „Mr. Schwarz, open this gate“, schreit es fettgedruckt vom Pappschild dem Chef der Flughafengesellschaft entgegen. Ronald Reagan hat vor 20 Jahren am Brandenburger Tor gerufen: „Mr. Gorbatschow, tear down this wall!“

An dem hohen Maschendrahtzaun, der das Flughafengelände umkränzt, haben sich ein Häuflein Anwohner und einige Grünen-Politiker festgekrallt: „Wir wollen hier rein“, rüttel, rüttel. Zwei Polizeipferde samt Polizisten warten diesseits des Zaunes, die Pferde wackeln bedrohlich mit den Ohren. Journalisten schießen Bilder, dann ist der Mauersturm erst mal vorüber.

Aber die Bürgerinitiative „Nachnutzung Tempelhof“ will wiederkommen, und zwar so bald wie möglich. Die Aktivisten fordern einen „Tag des offenen Flugfeldes“ noch in diesem Jahr. „Die Menschen sollen diese riesige Fläche erfahren und erleben dürfen“, sagt Heinrich Krüger, der seit über 20 Jahren außen vor wohnt und vom Fenster auf den Platz guckt. Schließlich seien die Bürger die künftigen Nutzer.

Der Senat schließt den Flughafen am 31. Oktober 2008 und überlegt derzeit, wie man eine Fläche, die doppelt so groß ist wie der Tiergarten, nutzen könnte. Der Stab von Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) hat einen Ideenwettbewerb ausgeschrieben und traf sich in diesem Monat mit Architekten und Landschaftsplanern. Vom Wiesenmeer über die Parkanlage bis zum Solarpark scheint alles möglich.

Dass die Bürger in der Zwischenzeit auf dem Flugfeld spazieren gehen dürfen, erwägt die Senatsverwaltung ebenfalls. „Die Idee ist gut. Wir prüfen derzeit, wie das möglich sein könnte“, berichtet eine Sprecherin. Ein Tag des offenen Feldes sei allerdings an etliche Genehmigungen gebunden. Deshalb wolle man im Herbst erst einmal Bustouren über das Flugfeld anbieten.

Die Eroberung per Bus wäre nach Auskunft der Betreiber völlig unproblematisch. „Begehungen erfordern allerdings einen monatelangen Organisationsaufwand“, sagt ein Sprecher der Berliner Flughafengesellschaft, deren Geschäftsführer ebenjener Mr. Rainer Schwarz ist. Da auf dem Gelände noch Flugzeuge starten und landen, gebe es strenge Sicherheitsauflagen. „Und die Sicherheit geht vor.“

Linkspartei und SPD möchten das Gelände aber ebenfalls zu Fuß erkunden: „Wir unterstützen die Idee, im Herbst einen Tages des offenen Flugfeldes zu veranstalten“, sagt die Verkehrsexpertin Der Linken, Jutta Matuschek. Auch Christian Gaebler von der SPD meint, es spreche „überhaupt nichts“ dagegen.

Die Idee ist zudem erprobt. Während des Kalten Krieges veranstalteten die Amerikaner als Flugherren jedes Jahr einen Tag des offenen Flugfeldes für die Berliner. „Ich bin ganz oft auf diesem Gelände herumspaziert“, erzählt die Kreuzberger Grünen-Abgeordnete Heidi Kosche. Damals grasten auf dem Rasen auch noch Schafe. „Ach, eigentlich könnten hier auch wieder Schafe weiden – nicht, Barbara?“ Die Grünen-Landesvorsitzende Barbara Oesterheld nickt: „Schafe? Warum nicht. Zum Rasenmähen allemal.“ ANNA LEHMANN