: Endlich mal Schlange stehen
Die Jörg Immendorff-Werkschau in der Weserburg entwickelt sich zum dringend benötigten Erfolg des Museums. Das will mit einer aufwändigen Kampagne vor allem heimisches Publikum locken
von JAN ZIER
Erfolgsmeldungen aus dem Neuen Museum Weserburg sind in der Vergangenheit selten gewesen. Gerade wenn es um BesucherInnenzahlen ging, auch bei vermeintlich zugkräftigen Namen aus der Gegenwartskunst. Wenn also allein am vergangenen Wochenende rund 600 Menschen den Weg in die Werkschau von Jörg Immendorff gefunden haben, dann ist das für Weserburg-Direktor Carsten Ahrens nicht einfach nur eine Verdoppelung – gemessen am sonstigen Aufkommen. Sondern eine „ganz wundervolle Verdoppelung“.
Zuletzt konnten noch nicht einmal alle InteressentInnen auch an einer Führung teilnehmen, obwohl deren Zahl und Kontingent schon aufgestockt wurde, sich bis zu 50 Menschen einen Immendorff-Kundigen teilen mussten. Dabei wird die Retrospektive des jüngst verstorbenen Malers derzeit zwar in bundesweit erscheinenden Medien der Kunstszene – nicht aber in überregionalen Tageszeitungen beworben. Zum einen, weil dafür bislang das Geld fehlt, wie Ahrens sagt. Zum anderen, weil es zum Konzept gehört: Die Immendorff-Schau solle „primär in der Stadt“ beworben werden. „Es gibt noch immer ziemlich viele Menschen in Bremen, die kaum wissen, dass hier ein Museum ist“, so Ahrens.
Rund 1.000 bis 1.500 BesucherInnen zählt die noch bis zum 16. September zu sehende Ausstellung pro Woche, gut 40 Prozent davon kommen nicht aus Bremen, sagt Ahrens. „Überregional haben wir schon jetzt eine hohe Einschaltquote.“ Umgekehrt formuliert: in Bremen noch nicht.
Damit sich das ändert, klebt die Weserburg derzeit 60 großformatige Plakate in der Stadt, zwei große Banner, jüngst vom Winde zerfetzt, werden demnächst wieder an ihrem alten Standort am Brill angebracht, nahe der dortigen Immendorff-Skulptur „Affentor II“. Und dann sind da noch 25.000 Flyer, die man in der Stadt verteilen lassen will.
Diese Kampagne steht bereits im Zeichen des lange angekündigten neuen Marketing-Konzepts, das Ahrens noch „im Sommer“ offiziell vorstellen will, wie er gestern sagte. Bezahlt wird die Immendorff-Werbung dabei nicht allein aus dem Etat der Weserburg, sondern auch „mit erfreulicher bremischer Unterstützung“, die jedoch ungenannt bleiben wolle.
Derlei Sponsoring scheint dringend geboten, machten im Frühjahr doch Gerüchte über eine drohende Insolvenz die Runde: Fürs vergangene Jahr bilanzierte die Weserburg einen Verlust von 200.000 Euro. Der soll nun mit „Sondererlösen“ jenseits des laufenden Etats ausgeglichen werden, sagt Ahrens – ohne nähere Angaben allerdings. Genaue Zielzahlen für die Immendorff-Ausstellung mag er auch nicht ausgeben, hat aber schon mehrfach angekündigt, die BesucherInnenzahlen in diesem Jahr auf etwa 50.000 verdoppeln zu wollen. Auf eine „punktgenaue Landung“ mag er sich nicht festlegen lassen, wohl aber auf ein „rigide Steigerung“. Damit rechnen mag er – kaufmännischer Vorsicht folgend – bislang aber noch nicht: Der Weserburg-Etat geht fürs laufende Jahr noch von einem „leicht erhöhten Status quo“ aus.
„Jörg Immendorff – …weiter glühen“, Neues Museum Weserburg, Teerhof 12, tägl. außer Mo., Di- Fr 10 bis 18, Do bis 21 Uhr. Sa/So: 11-18. Weserburg, Teerhof 12. Bis 16. 9.