: Unterirdische Diktatorenjagd
LIBYEN Gigantische Bunker in Tripolis, gebaut von Jugoslawien und deutschen Firmen: Hier suchen Rebellen und ausländische Spezialkräfte nach Gaddafi
BERLIN taz | Die Suche nach dem bisherigen libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi hat sich in den Untergrund verlagert. Aufständische drangen gestern in die weitläufige Tunnel- und Bunkeranlage unter der Gaddafi-Residenz in der Hauptstadt Tripolis ein. Die gigantische Anlage, deren Gänge sich unter die ganze Stadt bis zum Flughafen auf der anderen Seite der Stadt erstrecken sollen, gilt als Fluchtweg des Diktators.
Die taz sprach in der bosnischen Hauptstadt Sarajevo mit einem ehemaligen jugoslawischen Funktionär, der an den Arbeiten am Bau der Tunnelanlagen in Tripolis in den 1980er Jahren beteiligt war. Die Anlage sei ähnlichen unterirdischen Komplexen nachempfunden, die der einstige jugoslawische Diktator Broz Tito in Jugoslawien hatte bauen lassen, um sich gegen Atomwaffen zu schützen, aber „noch weit größer“, sagt er. Die Bauarbeiten, unter Beteiligung unter anderem von Siemens und MAN, seien bis 1990 weitergegangen. Auch Nuklearforschung sei in den unterirdischen Anlagen betrieben worden.
Es gilt als wahrscheinlich, dass Gaddafi seinen Abwehrkampf von unter der Erde aus koordiniert. Sein Sprecher Moussa Ibrahim deutete dies an, als er sagte, Gaddafis Kräfte seien in der Lage, „nicht nur Monate, sondern Jahre weiterzukämpfen“.
An der Suche nach Gaddafi beteiligen sich auch britische Spezialkräfte, berichtete gestern der britische Daily Telegraph. Soldaten des Eliteregiments SAS seien bereits seit Wochen im Einsatz und hätten auch geholfen, den Sturm auf Tripolis zu organisieren, so die Zeitung. Auch französische Spezialkräfte sind Berichten aus Paris zufolge im Einsatz.
Gegner von Gaddafi setzten ein Kopfgeld auf den langjährigen Machthaber aus. Ein Geschäftsmann aus Bengasi habe eine Belohnung von umgerechnet etwas mehr als einer Million Euro für die Ergreifung Gaddafis versprochen, sagte der Chef des Übergangsrats der Rebellen, Mustafa Abdel Dschalil. Außerdem versprachen die Rebellen denjenigen aus Gaddafis Umgebung eine Amnestie, die ihn gefangen nehmen oder töten. D. J.
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