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Archiv-Artikel

Kaum Hoffnung für „Beutekunst“

Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten hofft auf die Rückgabe von mehreren zehntausend Kunstwerken und Büchern. Doch in den Verhandlungen mit Russland um die Rückgabe bewege sich nichts, so deren Generaldirektor

Die Auswahl reicht vom wertvollen Gemälde eines alten Meisters über den funkelnden Kronleuchter aus dem 16. Jahrhundert bis hin zum bedeutsamen historischen Dokument – Millionen als „Beutekunst“ klassifizierte Kunstwerke, Bücher und Akten aus deutschen Sammlungen und Museen lagern noch immer in Russland. Auch 62 Jahre nach Kriegsende bewege sich in den Verhandlungen um eine Rückgabe so gut wie gar nichts, beklagt der Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Hartmut Dorgerloh.

Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) beziffert nach Auskunft eines Sprechers die sogenannte Beutekunst insgesamt auf etwa eine Million Kunstwerke – davon 200.000 mit musealem Wert – sowie vier Millionen Bücher und drei Kilometer Archivbestände. „Trotz eindeutiger völkerrechtlicher Bestimmungen und bilateraler Verträge sind die Verhandlungen mit Russland über die Herausgabe schwierig“, so Neumann. Und Schlösserchef Dorgerloh betont: „Kunst gehört in den musealen Kontext, aus dem sie stammt – deshalb hoffen wir weiter auf eine Rückkehr der mehreren zehntausend Stücke, die allein die Stiftung in Russland vermisst.“

Darunter ist das Rubensgemälde „Tarquinius und Lucretia“. Das auf mehrere Millionen Euro geschätzte Werk hatte ein russischer Soldat 1945 aus Schloss Rheinsberg in die Sowjetunion gebracht. Ein Moskauer Geschäftsmann, der es später erwarb, bot Deutschland 2003 über Mittelsmänner einen Rückkauf an. Auf deutsches Betreiben beschlagnahmte die russische Justiz das Gemälde, gab es später aber wieder frei. Auch mit einer Klage gegen den Geschäftsmann wegen Hehlerei ließ sich keine Rückgabe erzwingen.

Auf den ersten Blick ein kleiner Hoffnungsschimmer schien nach jahrelangen zähen Verhandlungen die Rückgabe der mittelalterlichen Bleiglasfenster der Marienkirche in Frankfurt (Oder) zu sein – sie kehrten 2002 als erstes großes „Beutekunst“-Gut an ihren Heimatort zurück. Aus Sicht Dorgerlohs war dies aber vor allem ein „Prestigeobjekt für die Russen ohne langfristige Signalwirkung“. Zudem ging es um kirchliches Eigentum.

Zu den spektakulärsten in Russland lagernden Beutekunst-Stücken zählen die Baldin-Sammlung mit Zeichnungen von Dürer, Rembrandt und van Gogh aus der Kunsthalle Bremen, die Silberkollektion des Herzogs von Anhalt, das Archiv des Politikers Walther Rathenau, die private Bibliothek des Grafen Hardenberg, das „Schliemanngold“, der „Eberswalder Goldschatz“ und eine „Gutenbergbibel“. Um diese Schätze wieder nach Deutschland zu bekommen, setzt Neumann vor allem auf die weitere Verbesserung der kulturellen Kooperation.

„Kulturelle Zusammenarbeit, die gegenseitiges politisches Vertrauen schaffen kann, entwickelt sich aber nur langfristig“, fügt er hinzu. Die Wunden des Zweiten Weltkrieges seien zwar oberflächlich verheilt, „aber auch die Narben schmerzen noch“. Deshalb sei weiter Geduld nötig. Auch aus Sicht Dorgerlohs ist das Thema „Beutekunst“ in Russland noch immer stark emotional belegt – „da stößt die Kulturpolitik schnell an ihre Grenzen“. dpa