: Für Ersatz ist gesorgt – ach ja?
PROBLEME BEIM VERKEHR
Vor ein paar Wochen am U-Bahnhof Osloer Straße. Auf der U 8 wird gebaut, deshalb ist sie bis Voltastraße unterbrochen. Kein Problem, „Ersatzverkehr ist eingerichtet“. Ha! Die Realität sieht zur Rushhour etwas anders aus: An der Bushaltestelle eine stetig wachsende Menschentraube, auf der Info-Anzeigetafel Minutenangaben, die schrumpfen, nur um wieder nach oben zu schnellen. Als nach langem, langem Warten doch ein Bus einrollt, kann er nicht losfahren, weil zu viele versuchen sich hineinzuquetschen. Zum Abgewöhnen.
Klar: Kein Verkehrssystem kommt ohne regelmäßige Wartungs- und Erneuerungsarbeiten aus, und in Netzen von Ausmaß und Alter wie denen der BVG und auch der S-Bahn ist praktisch dauernd etwas zu tun. Das mit den Ersatzmaßnahmen müsste sich eigentlich auch längst eingespielt haben, aber im konkreten Fall hakt es dann doch oft gewaltig. Der Attraktivität des öffentlichen Nahverkehrs tun solche Erfahrungen leider gar nicht gut.
Insofern ist zu hoffen, dass beide Schienenunternehmen sich richtig am Riemen reißen, wenn ab dem 16. Januar der Nord-Süd-Tunnel der S-Bahn zwischen Yorckstraße und Gesundbrunnen für dreieinhalb Monate gesperrt wird. Wenn man eine Schlagader abklemmt, müssen die Bypässe funktionieren. In der Theorie ist für alles gesorgt – man soll die Innenstadt mit der Ringbahn umfahren, auf die U-Bahn ausweichen oder aber in die Ersatzbusse steigen. Aber Theorie ist bekanntermaßen ziemlich grau: Eine Taktverdichtung oder wenigstens längere Züge auf der Ringbahn hält die Bahn schon mal für verzichtbar. Man wird sehen.
Zuletzt zeigte sich das Problem mit der Theorie bei der frisch eröffneten Tramstrecke, die den Hauptbahnhof ans Straßenbahnnetz anbindet. Jahrelang wurde an diesem Teilstück herumgedoktert, aber dazu, am Ende wenigstens die neuen Haltestellen restlos barrierefrei zu machen, hat die Zeit irgendwie doch nicht gereicht.
Wie sich der Ausnahmezustand rund um den gesperrten Nord-Süd-Tunnel für Menschen im Rollstuhl darstellen wird, mag man sich da eigentlich gar nicht vorstellen. Was tun? Im Zweifel einfach ein paar Mobilitätsassistenten bereitstellen. Ja, das kostet was. Na und?
CLAUDIUS PRÖSSER