: Aus den Fehlern im Irak lernen
ÜBERGANGSRAT Die Rebellen wollen keine westlichen Soldaten
TRIPOLIS/BERLIN afp/dapd/taz | Der stellvertretende Chef der libyschen Übergangsregierung, Ali Tarhuni, hat sich dafür ausgesprochen, Anhänger des bisherigen Machthabers Muammar al-Gaddafi in die Sicherheitskräfte des künftigen Staats zu integrieren. „Wir werden 90 Prozent der Polizisten behalten. Verhandlungen darüber laufen schon“, sagte er der Süddeutschen Zeitung und dem Tagesspiegel in Tripolis.
Um die Fehler zu vermeiden, die nach dem Machtwechsel im Irak gemacht wurden, würden nur jene Angehörige der Sicherheitskräfte entlassen, die „Blut an den Händen“ hätten. Nach dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003 hatten die von den USA geführten Interventionstruppen die irakischen Streitkräfte aufgelöst, was viele Familien um ihr Einkommen brachte und den Gruppen Zulauf gab, die bewaffnet gegen die USA kämpften.
Zugleich bot Tarhuni allen Kämpfern der Rebellen an, in die Polizei oder die Armee einzutreten. Eine Hilfe angesichts der angespannten Sicherheitslage durch Polizisten aus westlichen Ländern schloss der Vorsitzende des Rates, Mustafa Abdul Dschalil, am Samstag in Bengasi kategorisch aus. Stattdessen erwägt der Übergangsrat der Rebellen, für eine befristete Zeit Polizisten aus arabischen oder anderen muslimischen Staaten zu stationieren. In der vergangenen Woche hatte die britische BBC berichtet, dass westliche Stabilisierungsberater die neue Regierung unterstützen und dabei auf den Erfahrungen aus Afghanistan aufbauen.
Zugleich bat Dschalil um rasche humanitäre Hilfe für Tripolis. Alle Hilfsorganisationen seien darüber informiert worden, dass in der Stadt dringend Medikamente, Erste-Hilfe-Ausrüstung und chirurgisches Material benötigt werden.
Unterdessen arbeiten die Rebellen an der Wiederherstellung der Versorgung in Tripolis. Informationsminister Mahmud Schammam sagte, die Lieferung von Dieselöl für Wasser- und Elektrizitätswerke sei auf dem Weg. Mit der Verteilung von 30.000 Tonnen Benzin wurde bereits am Samstag begonnen. Ein von der Internationalen Organisation für Migration (IOM) gechartertes Fährschiff mit Lebensmitteln, Wasser und medizinischen Hilfsgütern legte am Samstag im Hafen von Tripolis an. Am Sonntag soll das Schiff 1.200 gestrandete Ausländer an Bord nehmen, wie die IOM mitteilte. Die Strom- und Wasserversorgung in Tripolis ist größtenteils unterbrochen.
Schammam hoffte, dass die größte Ölraffinerie der Gegend nahe der Stadt Sawija, etwa 50 Kilometer westlich von Tripolis, bald wieder in Betrieb genommen werden könne. Verantwortliche rechneten damit, dass die Raffinerie am Montag wieder in Betrieb genommen werde.
Die Aufständischen haben zwar einen wichtigen Grenzübergang zu Tunesien erobert, doch der Versorgungsweg steht unter Beschuss von Gaddafi-Truppen.