: Oldenburg macht Schule
Stadt Oldenburg bietet als einzige Kommune Deutschlands einen Schulmaterialfonds für Bedürftige an. Örtliche SPD will im Herbst auf Bundesparteitag eine Änderung der Hartz-Gesetze beantragen, die den Fonds überflüssig macht
Der Hartz-IV-Regelsatz für Kinder von 208 Euro im Monat reicht nicht aus, um Kinder großzuziehen, davor warnt auch die Wissenschaft (taz berichtete). Die Niedersächsische Stadt Oldenburg hat einen unbürokratischen Weg gefunden, um die Familien wenigstens bei den Schulmaterialkosten zu entlasten. Bedürftige Eltern, die bis zum 31. Oktober Quittungen für Lernmaterialien und Bücher im Wert von mindestens 50 Euro im Bürgerbüro vorlegen, bekommen eben diese 50 Euro ausbezahlt. Zur Not, falls sie kein Konto haben, sogar in bar.
„Diese 50 Euro kommen schnell zusammen“, sagt der Oldenburger SPD-Politiker Wolfgang Wulf. Für Taschenrechner, Tuschkasten, Federtasche, Hefte, Stifte, Ordner, Kopiergeld und Übungshefte kämen hohe Summen zusammen. Insgesamt hat die 166.000-Einwohner Stadt 200.000 Euro für 2007 und 400.000 Euro für 2008 für das Projekt im Stadthaushalt eingeplant. Der wurde nach einigen Wirren um die Stadtratsbildung und dem Zerbrechen eines schwarz-grünen Bündnisses mit den Stimmen von SPD, FDP, Bürgerpartei und Linken verabschiedet und sieht auch noch weitere Wohltaten wie günstigere Preise in Bad und Bus für Erwerbslose vor. Letztlich zu verdanken ist der Fonds der örtlichen Arbeitsloseninitiative (ALSO), die im Kommunalwahlkampf eine Broschüre zu „Hartz IV und Schulkosten“ herausbrachte und alle Parteien – auch CDU und Grüne –dafür sensibilisierte.
Etwas verwirrend ist, dass der Fonds auch für die Kosten von Schulbüchern gedacht ist. Für diese müssen Eltern seit drei Jahren eine zweistellige Leihgebühr errichten. Allerdings sind Empfänger von Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe, Pflege- und Heimkinder sowie Asylbewerber davon befreit. Ihnen doch die Gebühr abzuknöpfen würde gegen die geltende Verordnung des Landes verstoßen, erklärt der Büroleiter des Kultusministers, Heiner Hoffmeister. Das Land Niedersachsen, das durch die Abschaffung der Lehrmittelfreiheit rund 25 Millionen Euro einsparte, zahlt dafür eine extra Pauschale an die Schulen.
Allerdings wurde der Personenkreis, der vom Oldenburger Schulfonds profitiert, auf Wunsch der SPD auch auf Geringverdiener mit Wohngeldanspruch ausgeweitet, die vom Land aus von der Buchgebühr nicht befreit wurden. „Die Eltern können auch die Quittung für die Leihgebühr hier einreichen“, sagt eine Mitarbeiterin aus dem Bürgerbüro. Ginge es nach dem Willen der örtlichen SPD, müsste das Bundesgesetz geändert werden, damit der Fonds überflüssig wird.
„Die Berechnung des Regelsatzes im Sozialgesetzbuch II beruhte auf einer Vorgabe des Statistischen Bundesamtes“, sagt der stellvertretende Vorsitzende der Oldenburger SPD, Christoph Sahm, „dabei wurden die Ausgaben für die Bildung der Kinder schlicht übersehen“. Es könne aber nicht sein, dass die Kommunen die handwerklichen Fehler des Bundes ausbaden müssten.
Deshalb wollen die Oldenburger Sozialdemokraten beim SPD-Parteitag am 26. Oktober in Hamburg einen Antrag einbringen, der diesen Fehler heilt.
Zur Zeit gibt es nur für Klassenfahrten, Babysachen und Wohnungserstausstattung zusätzliches Geld. Künftig sollte dieser Katalog der einmaligen Leistungen einen vierten Punkt „Zuschuss zu Schulmaterialkosten im Rahmen des Besuchs allgemeinbildender Schulen“ ergänzt werden. KAIJA KUTTER